Ryanair Chef Michael O’Leary Interview RTL

In der am Montagabend ausgestrahlten Reportage hat „Team Wallraff“ bei den beiden Billig-Airlines Ryanair und Eurowings Undercover recherchiert. Erstmals konnte dazu eine TV-Reporterin nach vorheriger Schulung bei der für die Ryanair-Personalrekrutierung zuständigen Leiharbeitsfirma Crewlink wochenlang Undercover als Stewardess arbeiten.

Wie üblich, hatte „Team Wallraff“ alle in der aktuellen Ausgabe angesprochenen Unternehmen mit den Recherchen konfrontiert und um eine Stellungnahme gebeten. Fristsetzung war der 12. September. Während Eurowings und Crewlink und andere der Aufforderung nachkamen, blieben sämtliche Anfragen an Ryanair unbeantwortet. Gut zwei Wochen später konnte ein RTL-Reporter den Ryanair-Vorsitzenden Michael O’Leary im Rahmen einer Pressekonferenz in Toulouse doch noch interviewen. In dem Gespräch konfrontierte er den 58-jährigen Iren mit Fragen zur Schulung von angehenden Ryanair-Mitarbeitern und dem Druck, dem sich laut Hinweisen viele Mitarbeiter ausgesetzt fühlen.

Da die späten Antworten O’Learys aus produktionstechnischen Gründen nicht mehr in die „Team-Wallraff“-Ausgabe“ aufgenommen werden konnten, zeigt das RTL-Magazin „EXTRA“ das Interview am heutigen Montagabend ab 22:30 Uhr. Zeitgleich gibt es auch auf RTL.de das komplette Interview als Video.

Wie garantieren Sie Sicherheit und die Ausbildung der Mitarbeiter?

O’Leary: „Wir wachsen relativ langsam. Wir bekommen zwar neue Flugzeuge, aber unser Wachstum beträgt nur 5 oder 6 % pro Jahr. Wir machen das jetzt mehr als 30 Jahre lang und Ryanair hat eine der besten Sicherheitsstatistiken von allen europäischen Airlines über die letzten 30-35 Jahre.“

Ich habe gehört, dass sich die Kabinencrew nicht sicher genug fühlt, um Evakuierungen durchzuführen und dass sie in ihrer Ausbildung nur eines von sieben Evakuierungsszenarien trainieren. Warum ist das so?

O’Leary: „Das ist nicht wahr. Unsere Kabinencrew geht durch ein fünfwöchiges Sicherheitstraining. Das ist exakt der gleiche Kurs, den die EASA vorschreibt. Das ist exakt der gleiche Kurs, den Flugbegleiter bei allen anderen europäischen Fluggesellschaften machen.“

Warum üben die Flugbegleiter nicht alle Sicherheitsverfahren?

O’Leary: „Das tun sie.“

Naja, sie sagen ja, dass sie das nicht tun.

O’Leary: „Doch, das tun sie. Sie üben exakt die gleichen Sicherheitsregeln wie jede andere Fluggesellschaft in Europa. Ansonsten würde uns die EASA nicht fliegen lassen.“

Und warum fühlen sich die Flugbegleiter unsicher?

O’Leary: „Tun sie nicht.“

Wie stehen Sie zu Berichten, die besagen, dass Ihr Kabinenpersonal und die Piloten unter starkem Druck stehen? Und dass Ihre Mitarbeiter beispielsweise mit einem Verfahren rechnen müssen bzw. zu einem Gespräch zitiert werden, wenn sie sich krankmelden?

O’Leary: „Wir erwarten von unseren Mitarbeitern, dass sie sich krankmelden, wenn es ihnen nicht gut geht und dass sie dann nicht fliegen. Wir haben rund 20 % zusätzlicher Piloten und Flugbegleiter pro Tag, die einspringen können, wenn Kollegen sich nicht fit genug zum Fliegen fühlen. Die Behauptung, die Sie machen, ist also falsch.“

Also ist es kein Problem für die Mitarbeiter, wenn sie sich krankmelden? Sie müssen also keine Angst haben, gefeuert zu werden? Das haben wir nämlich gehört.

O’Leary: „Nein, das ist wirklich Quatsch, was Sie da behaupten. Niemand wird gefeuert, weil er sich nicht fit zum Fliegen fühlt. Niemand bei Ryanair ist nicht fit beim Fliegen. Wir haben die besten Dienstpläne. Unsere Kabinen-Crew arbeitet immer 5 Tage und hat 3 Tage frei. Sie haben also jede Woche ein langes Wochenende. Unsere Piloten arbeiten 5 Tage und haben danach 4 Tage frei. Sie haben also ein doppeltes langes Wochenende jede Woche. Diese Dienstpläne sind die besten in diesem Bereich. Sie sorgen dafür, dass all unsere Mitarbeiter fit genug zum Fliegen sind. Wenn aber jemand krank wird, ersetzen wir ihn mit einem Piloten oder einem Flugbegleiter aus der Bereitschaft. Das ist kein Thema.“

Wie beantworten Sie Medienberichte, die sagen, dass Piloten bei Krankmeldungen mit der Entlassung gedroht wurde und dass sie krank fliegen mussten?

O’Leary: „Sie erfinden diese Medienberichte gerade. Die sind nicht wahr.“

Und die Piloten berichten das und Sie sagen einfach, dass das nicht wahr ist?

O’Leary: „Sie erfinden dieses dumme Zeug gerade.“

Das ist kein dummes Zeug, es gibt Piloten, die das berichten.

O’Leary: „Kein Pilot sagt das. Sie erfinden das gerade. Wir fliegen seit über 30 Jahren. Wir haben rund 5.000 oder 6.000 Piloten. Bei uns werden Mitarbeiter krank und wir ersetzen sie dann durch Kollegen aus der Bereitschaft. Wir haben die besten Dienstpläne. Wir haben die bestbezahltesten Piloten. Und allein in dieser Woche hatten wir Bewerbungen von unter anderem mehr als 100 Thomas-Cook-Piloten. Alle wollen für Ryanair fliegen. Ich weiß nicht, woher Sie diese falschen Behauptungen haben, aber sie sind komplett falsch.“

Wir haben Quellen, die das sagen.

O’Leary: „Welche Quellen, Ihre Quellen sind nicht gut. Halten Sie sich an Fakten.“

Hat Ryanair ein System der Angst, was würden Sie sagen?

O’Leary: „Nein, man kann nicht 70.000 Menschen beschäftigen und ein System der Angst haben. Die Menschen arbeiten für uns, weil sie für uns arbeiten wollen. Wenn die Leute Angst hätten, würden sie kündigen. Es gibt viele Jobs in der Luftfahrt, es gibt viele Jobs für Piloten und Flugbegleiter. Fakt ist, dass wir viel mehr Bewerbungen haben, von Menschen, die bei uns arbeiten möchten, weil wir gut bezahlte Jobs haben, großartige Dienstpläne, gute Bezahlung. Und anders als Leute, die für andere Fluggesellschaften arbeiten, können sich unsere Mitarbeiter ihres Jobs sicher sein. Sie wissen, dass Ryanair nicht bankrott geht. Das ist der Grund, warum so viele Menschen für uns arbeiten möchten. Während Sie falsche Behauptungen aus der Presse zitieren.“

Das sind keine falschen Behauptungen.

O’Leary: „Das sind falsche Behauptungen, das ist totaler Quatsch.“

Sie bieten sehr günstige Preise an. Wie kriegen Sie das hin? Viele Menschen haben das Gefühl, dass Sie viele Gebühren für Check-in oder zusätzliches Gepäck erheben. Die Gebühren sind deutlich höher als bei anderen Fluggesellschaften. Versuchen Sie so, Ihre Kosten wieder reinzubekommen?

O’Leary: „Nein, wir decken die Kosten, weil wir die neuesten Flugzeuge und viele Sitzplätze pro Maschine haben. Wir sind effizienter als fast jede andere Airline. Alle zusätzlichen Gebühren sind optional und vermeidbar. Und die Gebühren sind genauso hoch wie bei Easy Jet oder anderen Billigfluggesellschaften. Wir versuchen unsere Passagiere dazu zu ermutigen, so zu reisen, dass es unsere Kosten gering hält. Also, wenn man ein Gepäckstück eincheckt, zahlt man einmal Gebühr, wenn man zwei Gepäckstücke eincheckt, zahlt man zweimal Gebühr. Wir wollen, dass die Fluggäste nur mit einem Koffer oder besser nur mit Handgepäck reisen. All unsere Gebühren sind also vermeidbar. Unsere Passagiere können also mit uns zusammenarbeiten, um unsere Kosten geringzuhalten und damit auch die Ticketpreise.“

Warum nehmen Sie 50 Euro für den Check-in? Wieso nicht nur 20 oder 15 Euro?

O’Leary: „Weil es keinen Grund gibt, nicht online einzuchecken. Wenn Passagiere bei uns buchen, normalerweise 6 bis 8 Wochen im Voraus, stimmen sie dem Online-Check-in zu. Anschließend schicken wir unseren Fluggästen 2 E-Mails 5 Tage und 3 Tage vor dem Flug, um sie daran zu erinnern, online einzuchecken. Am Tag vor Abflug senden wir eine SMS. Also wenn man dem Online-Check-in zugestimmt hat und wir schicken 3 Erinnerungen und man sie ignoriert und dann trotzdem am Flughafen ohne Check-in auftaucht, berechnen wir eben 50 Euro, weil man ehrlich gesagt alle Regeln gebrochen hat. Und der Grund dafür ist, dass wenn man online eingecheckt hat, bevor man zum Flughafen fährt, ist man für uns ein deutlich günstigerer Kunde. Wir brauchen dann nicht noch einen Mitarbeiter, der für einen eincheckt. Also wenn man beim Buchen dem Check-in zustimmt, und sich an die Erinnerungen 5, 3 und 1 Tag davor hält, gibt es auch keine Gebühr.“

Wie viel verdienen Sie an den Extra-Gebühren?

O’Leary: „Sehr wenig.“

Wie viel genau? 100 Euro? 1.000 Euro? 2.000 Euro?

O’Leary: „Mehr als 99,95 % der Passagiere checken online ein. Sie folgen unseren Erinnerungen. Der Betrag, den wir durch die Check-in-Gebühr bekommen, ist also gering. Und all dieses Geld geht an die Ticketschalter- oder die Flughafen-Gesellschaften, darum sind die Gebühren so teuer.“