Deutschland – Niederlande Fussball 6 September 2019 Kommentar Löw

Am Freitag (ab 20.45 Uhr, live bei RTL) ist es soweit. Die deutsche Nationalmannschaft trifft im Länderspieklassiker in Hamburg vor ausverkauftem Haus auf die Niederlande. Vor dem vierten Qualifikationsspiel auf dem Weg zur paneuropäischen EURO 2020 sprechen Bundestrainer Joachim Löw und Mittelfeldspieler Toni Kroos über die Vorfreude auf die Partie gegen Holland, die Stimmung im deutschen Team und die mögliche Startelf. DFB.de hat mitgeschrieben.

Joachim Löw über

die Personalsituation: Ein Wermutstropfen ist die Verletzung von Leon Goretzka, der am Mittwoch eine Einblutung bekommen hat an einer Stelle, die ihm schon länger Probleme bereitet. Er kann nicht spielen. Das bedeutet für mich, in andere Richtungen zu denken. Goretzkas Ausfall ist schade, weil es bei jungen Mannschaften wichtig ist, dass sie häufig in ähnlicher Besetzung auflaufen können. Jetzt haben wir die Situation mit einigen Verletzten. Wir müssen vier, fünf Spieler ersetzen und werden dadurch vor kleinere Probleme gestellt. Aber wir haben eine gute Qualität in der Mannschaft und gehen mit vollem Elan und positiver Grundstimmung ins Spiel.

die Aufstellung: Wir haben uns auf Manuel Neuer für das Spiel gegen die Niederlande festgelegt. Gedanken darüberhinaus haben wir uns noch nicht gemacht. Marc-André ter Stegen bekommt in der Qualifikation seine Möglichkeiten, diese Zusage an ihn gilt. Leroy Sané hat sich nach der WM zu einem sehr wertvollen Spieler entwickelt. Seine Spiele waren alle geprägt von Freude, Einsatz und Torgefährlichkeit. Seine Verletzung tut uns weh. Aber wir haben andere Spieler, die für ihn spielen können. Leon Goretzka ist nun leider verletzt, Julian Brandt macht im Training einen sehr guten Eindruck, man merkt ihm die Freude an. Timo Werner hat derzeit einen Lauf, er definiert sich als Stürmer über Tore. Ich habe also mehrere Möglichkeiten – mal sehen, wie das Abschlusstraining läuft. Brandt und Werner sind die Optionen.

Serge Gnabry: Er spielt morgen – und er spielt bei mir immer. (lacht) Er ist sehr gut auf verschiedenen Positionen. Serge hat Tempo zum Tor, kann auf verschiedenen Ebenen spielen. Daher ist er schwer für den Gegner zu greifen. Er ist fit und wird gegen Holland von Beginn an spielen.

Kai Havertz: Wir haben es geschafft, alle Positionen doppelt zu besetzen. Bei den Spielern, die ins Spiel reinkommen, weiß man, dass sie der Mannschaft noch etwas geben können. Das macht auch die Stärke der Mannschaft aus, sie hat große Fähigkeiten. Es macht Spaß, Kai Havertz zuzuschauen, er hat in seinem jungen Alter schon viele Spiele bestritten. Er kann der Spieler der Nationalmannschaft für die nächsten Jahre sein. Er muss sich aber noch entwickeln und verbessern. Was er zeigt, ist klasse. Er hat die U 21 übersprungen, was wenige Spieler gemacht haben. Das ist eine große Wertschätzung. Er kann jederzeit von Beginn an spielen. Für ihn finden wir einen Platz. In den nächsten Jahren wird er sich durchsetzen.

das Niederlande-Spiel: Wir haben zuletzt dreimal gegen die Niederlande gespielt – mit allen Höhen und Tiefen. Es waren unterschiedliche Spiele mit hoher Intensität. Die Holländer haben sich in den letzten zwei, drei Jahren enorm weiterentwickelt. Man kann sie von der Gefährlichkeit und den Stärken mit Ajax Amsterdam vergleichen. Trainer Ronald Koeman steht für die Ajax- und Barcelona-Schule mit schnellem Fußball. Sie haben ballsichere, schnelle Spieler nach vorne, versuchen den Gegner zu verwirren, indem sie ständig die Positionen verändern. Sie haben ein schnelles Kombinationsspiel und suchen bei Ballverlust des Gegners sofort den Weg in die Spitze. Sie sind schwer zu verteidigen, daher müssen wir die Konzentration hoch halten. Wir haben Gegenlösungen, die ich aber nicht verraten möchte.

die Stimmung im Team: Die Stimmung ist verdammt gut. Die Jungs kennen sich und haben richtig Bock, in den nächsten Jahren miteinander einen erfolgreichen Weg zu gehen. Die Mannschaft steht am Anfang, das merkt man auch in manchen Phasen. Dass sie noch wacklig ist, ist logisch. Die Mannschaft weiß und versteht aber, dass sie in dieser Zusammenstellung einiges erreichen kann. Die Spieler können gemeinsam Ziele für sich definieren. Da haben sie vielleicht auch schon die EM 2024 im eigenen Land im Blick. Sie haben sehr viel Spaß miteinander. Ich vergleiche sie mit der Mannschaft von 2010, die auch sehr jung war. Die Mannschaft jetzt hat sehr viel Potenzial und schnell viel umgesetzt.

die Stärken seiner Mannschaft: Unsere Mannschaft lebt seit Jahren von der Raumaufteilung, von der offensiven wie defensiven mannschaftlichen Geschlossenheit. Urs Siegenthaler war bei der Copa America. Seine Analyse war, dass dort viele Mannschaften über die Individualität der einzelnen Spieler gekommen sind. Wenn unsere Mannschaft ihre Aufgaben erfüllt, sind wir gut. Wenn nicht, sind wir nicht gut. Jeder Spieler muss sich daran halten. Eins-gegen-Eins-Spieler sind wichtig, um aus Schwierigkeiten herauszukommen, aber unsere Mannschaft kommt über die Geschlossenheit. Daran müssen sich alle richten, das ist wichtig. Eigene Stärken können nur in unserer Spielsystematik ausgespielt werden. Im Vergleich zu 2018 haben wir mehr Tempo und Spielschnelligkeit. Wir können jetzt noch nicht definieren, wo wir stehen. Ich habe das Gefühl, dass wir auf einem guten Weg sind, müssen aber Rückschläge in Kauf nehmen. Das Talent dieser Mannschaft ist gut, wir haben einen guten Teamspirit und können in den nächsten Jahren einiges erreichen.

den eingeleiteten Umbruch: Ich bin der Meinung, dass wir den Umbruch relativ gut hinbekommen haben, es war ein schwieriges Unterfangen. Man hat in den letzten Spielen gesehen, dass die Automatismen greifen, das Zusammenspiel besser geworden ist. Diese Themen waren in den letzten Tagen die wichtigsten. Wir haben die Spiele analysiert, aufgearbeitet sowie Einzel- und Gruppengespräche geführt.

das Spielsystem: Wir haben zuletzt zwischen Dreier- und Viererkette gewechselt. Wenn wir in der Grundorganisation zu fünft waren, muss immer einer raus – zuletzt waren das Niko Schulz und Lukas Klostermann. Dann waren wir in einer Viererkette. Wie zuletzt wollen wir drei offensive Kräfte beibehalten und die Tiefe suchen. Das war bei der WM das Problem: Wir hatten wenig Tiefe, aber viel Ballbesitz. Ob wir nun im 4-3-3 oder 5-2-3 spielen – da sind wir variabel, die Mannschaft kann beides. In beiden Systemen agieren wir offensiv, das haben wir zuletzt gut verstanden und gut umgesetzt.

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