Bayern München Umsatz Saison 2018/19 Kommentar Dreesen

Beim Fußball-Bundesligisten FC Bayern München laufen die Geschäfte prächtig. Der Umsatz kletterte in der Saison 2018/19 auf den neuen Rekordwert von 750 Millionen Euro. Das hat n-tv exklusiv vorab erfahren.

Herr Dreesen, Sie melden einen Rekordumsatz für das vergangene Jahr. Welchen Anteil hat Uli Hoeneß daran?

Richtig, wir haben in der Tat ein fantastisches Jahr gehabt. Sportlich mit dem Double, aber auch wirtschaftlich. Mit 750 Millionen Euro Umsatz im Konzern war das für uns ein absolutes Rekordjahr. Uli Hoeneß, Sie sprechen es an, hat natürlich einen Riesenbeitrag auch an diesem Ergebnis gehabt, so wie er die ganzen letzten Jahrzehnte mit Karl-Heinz Rummenigge diesen Klub geprägt hat. Aber er bleibt uns ja in Zukunft erhalten im Aufsichtsrat. Insofern bin ich sicher, auch in der Zukunft wird er seinen Beitrag leisten.

Der neue Präsident Herbert Hainer hat da große Fußstapfen vor sich, das kommt de facto einer Gewinnwarnung gleich. Ist ein solches Rekordergebnis zu steigern?

Also Gewinnwarnung natürlich nicht. Herbert Hainer ist ja bereits viele Jahre bei uns im Aufsichtsrat, kennt den Klub in- und auswendig, ist großer Bayern-Fan und hat natürlich in seiner beruflichen Vergangenheit mit Adidas einen großen Konzern geleitet. Er wird uns, da bin ich sicher, viele weitere, neue Ideen mit hineinbringen und uns in seiner neuen Rolle helfen, auch weiterhin neue Rekorde zu erklimmen.

Was ist das schlimmste, was Ihnen als Finanzchef und dem FC Bayern passieren könnte?

Mir als Finanzchef – auch wenn man es vielleicht nicht sofort glauben würde: sportlicher Misserfolg. Wir alle beim FC Bayern leben für den sportlichen Erfolg, und der steht im Vordergrund. Das schlimmste, was passieren könnte, wäre, wenn er ausbliebe.

Sie haben über Jahre hinweg einen sehr guten Lauf. Kann man sportlichen Erfolg so ohne Weiteres kaufen?

Da würde ich eine differenzierte Antwort geben wollen. Es gilt in gewisser Weise weiterhin der geflügelte Satz: „Geld schießt Tore.“ Das ist viele Jahre her. Das ist sicherlich auf der Langstrecke richtig, weil wir ja in die Qualität der Mannschaft investieren. Aber Sie sehen immer wieder im Pokal oder auch bei Bundesligaspielen wie die Kleinen die Großen schlagen. Also es geht immer was in ein, zwei Spielen, wo der Große auch mal nachlässig ist. Auf der Langstrecke glaube ich aber schon, dass Qualität sich durchsetzt und damit auch wirtschaftliche Kraft in die Mannschaft investiert Gutes zeigen kann. Wenn Sie nach England schauen, sieht man aber auch, wie man mit viel Geld wenig bewirkt. Viele Jahre lang hat man viel Geld ausgegeben für individuelle Qualität bei den Spielern, aber die Infrastruktur hat nicht gestimmt. Nur wenn das Drumherum, das Paket, der Staff, der Trainer stimmen, dann sind auch Erfolge möglich. Und dann bringt das Geld auch etwas.

Sie zahlen mitunter 80 Millionen Euro für einen Spieler, Sie hätten sogar 100 Millionen Euro auf den Tisch gelegt. Können Sie verstehen, dass sich da manche Menschen die Augen reiben und solche Summen überhaupt nicht mehr nachvollziehen können?

Das kann ich gut verstehen. Erst einmal ist es ein riesiger Betrag, egal ob 80 Millionen oder auch ein größerer Betrag. Sich das vorzustellen, wenn man es auf einem Haufen sehen würde, das ist unheimlich viel Geld. Die Diskussion, ob ein Mensch so viel wert sein kann, ist völlig legitim. Wir aber müssen uns in einem Markt bewegen und wollen die Qualität der Mannschaft verbessern. Insofern müssen wir bereit sein, wenn wir denn weiter Schritt halten wollen, diese Summen auch mitzugehen, wenn wir sie denn verdienen. Das ist für uns das oberste Gebot: Wir geben das aus, was wir einnehmen, aber eben auch nicht mehr. Und so ist am Ende eines Tages die Transfersumme ein Bestandteil, sie bleibt aber im System. Sie werden festgestellt haben die letzten Jahre, dass die gesamten Transfersummen im Durchschnitt deutlich gestiegen sind. Das liegt einfach daran, dass, wenn Klub A beim Klub B für 80 Millionen kauft, der Klub B auch wieder mehr zum Ausgeben hat, und deswegen wandert das zwischen den Klubs. Größeres Thema sind die Spielergehälter, weil die aus dem System herausgehen, und auch die sind kräftig gestiegen in den letzten Jahren.

Wie werden die sich in den nächsten Jahren entwickeln? Gibt es eine Grenze?

Das ist schwer zu sagen, ich glaube schon, dass es immer wieder Topspieler gibt, die in der Lage sind, ihre Gehälter weiter zu steigern. Ich glaube aber, das ist ein System, das sich ein Stück weit gegenseitig bedingt. Also wenn die Einnahmen weiter steigen sollten in den nächsten Jahren, werden auch die Gehälter steigen – so wie das woanders auch der Fall ist. Nur die absolute Topqualität ist in der Lage, wirklich eigene Vorstellungen durchzusetzen.

Wie wollen Sie Ihre Einnahmen weiter steigern?

Das beschäftigt uns logischerweise jeden Tag. Ein Aspekt, den man aber nicht wirklich planen kann, ist sportlicher Erfolg. Sportlicher Erfolg ist für uns enorm wichtig, der zahlt ein auf die Marke, er bringt unmittelbar Einnahmen durch beispielsweise Prämien in der Champions League – ist also ein ganz wichtiger Aspekt. Was man planen kann, wo wir aus dem Management heraus das Unternehmen FC Bayern weiterentwickeln, hat viel zu tun mit der Frage unserer verschiedenen Einnahmenseiten. Das ist das Sponsoring, das ist die Werbung, das Thema Internationalität, das Thema Merchandising. Hier haben wir die letzten Jahre viel getan, wir haben erfreulicherweise einen relativ guten Einnahmemix. Wir haben beispielsweise rund 27 Prozent unserer Einnahmen im vergangenen Jahr aus dem Bereich Werbung/Sponsoring gehabt, das ist ein Topwert. Der macht uns auch weiter konkurrenzfähig, wir wollen weiter investieren in unsere internationalen Aktivitäten.

Wo finden die statt, wie sehen diese Aktivitäten aus?

Wir sind ja, wie Sie vielleicht wissen, unterwegs in China und den USA, haben dort Fußballschulen, sind dort erste Partnerschaften regional eingegangen. Dinge also, die man nicht sofort unmittelbar in Deutschland bemerkt, die aber für uns langfristig strategische Einnahmen darstellen. Und wir entwickeln uns gemeinsam mit unseren globalen Partnern. Weil eine Telekom, ein Audi, ein Adidas ja nicht nur in Europa tätig ist, sondern auf dem gesamten Globus und auch hier zahlt unsere internationale Aktivität auf diese Partnerschaften und damit zurückgesehen, auf unsere Einnahmen ein.

Gibt es noch mehr Platz für Sponsoren oder führt das dann dazu, dass sich die Sponsoren verdrängen, wie wir das fast bei BMW und Audi gesehen hätten?

Es gibt sicherlich noch Platz. Ich hatte ein Stichwort genannt mit dem Thema Regionale Partnerschaften. Wenn wir heute einen regionalen Wasserhersteller in China oder eine Bank in China haben und wir mit unseren Sponsoren hier in Deutschland einig sind, dass dieser Markt von unserem deutschen Partner nicht bearbeitet wird, dann sind wir in der Lage, dort Partnerschaften einzugehen, wie wir das heute auch tun, ohne dass der eine dem anderen auf die Füße tritt. Das ist unser Plan und da sind wir seit einigen Jahren bereits dabei.

Die Zahlen geben Ihnen Recht, was den Rekordumsatz betrifft. Dennoch hat Ihr Klub mit dem englischen Markt nicht nur große Vereine gegen sich, sondern Investoren, ganze Länder. Wie will der FC Bayern da auf Dauer mithalten? Wird man irgendwann Rekordtransfers mitgehen oder ist die Politik wie in der Vergangenheit, dass man ab einem gewissen Punkt icht mehr mitmacht?

Also ich kann auf absehbare Zeit nicht erkennen, dass wir unsere Politik ändern werden. Wir schaffen es zum Glück seit Jahren, diesen Spagat zu gehen. Diesen Spagat, sportlich sehr erfolgreich zu sein, ohne uns zu verschulden oder in Abhängigkeiten Dritter zu begeben: Wir haben in den vergangen sechs Jahren viermal im Halbfinale in der Champions League gestanden. Wir waren seit Wembley jedes Mal vertreten in diesem Wettbewerb, zweimal nacheinander 2012 und 2013 im Finale gestanden – also der Spagat ist bisher gelungen. Nach vorne gesehen wird es sicherlich weiterhin anspruchsvoll sein, weil natürlich die Engländer in den letzten Jahren dazugelernt haben. Das hat man sehr schön gesehen in der vergangenen Spielzeit. In der Vergangenheit haben die Engländer insbesondere in die Qualität der Spieler investiert, und jetzt investieren sie in die Infrastruktur. Sie investieren in Trainingscamps, in den Staff, in Methodik, wo wir ihnen in der Vergangenheit in Deutschland einen Schritt voraus waren. Jetzt müssen wir uns wieder etwas überlegen, aber ich bin eigentlich ganz optimistisch. Aber für uns als FC Bayern gilt weiterhin: Maximierung des sportlichen Erfolgs, aber wirtschaftlich solide bleiben.

Das ist ja ein Erfolgsmodell, das ist aber auch so etwas wie gelebte Tradition beim FC Bayern, das ist wichtig, oder?

Ja, da gibt es diverse Zitate von „Wir geben nicht mehr aus als wir einnehmen“ und andere. Das ist gelebte Tradition, hat aber auch funktioniert, und warum sollen wir Dinge ändern, wenn sie funktionieren? Wir haben unseren eigenen Weg ein Stück weit gefunden: Wir haben einen strategischen Nachteil bei der TV-Geld-Verteilung, was an sich eine extrem attraktive Einnahmequelle ist, weil Sie keine Kosten haben. Unser Weg als Antwort darauf ist über die ganzen letzten Jahre gewesen, die Intensität im Bereich Sponsoring/Werbung/Internationalität zu erhöhen, also neue Einnahmequellen zu erschließen. Das ist uns, glaube ich, sehr erfolgreich gelungen. Die Kollegen Andi Jung und Jörg Wacker sind dort unglaublich unterwegs und das bringt uns auch aktuell die Möglichkeit, weiter konkurrenzfähig zu sein. Wir haben beispielsweise im Bereich Sponsoring/Werbung national und international letztes Jahr über 200 Millionen Euro verdient, das ist einmalig und erhält unsere Wettbewerbsfähigkeit.

Unabhängig davon – bei Leroy Sané wäre es ja fast soweit gewesen – wann wird es den ersten Transfer jenseits von 100 Millionen Euro beim FC Bayern geben? Ist das nur eine Frage der Zeit?

Mir ist bewusst, dass diese runde Zahl natürlich faszinierend ist. In Deutschland hat es einen solchen Transfer noch nicht gegeben, und deswegen warten alle darauf. Aber wir müssen das Geld erst verdienen, deswegen können wir sie uns nicht laufend leisten und wir müssen auf unsere Ressourcen gut Acht geben. Die Zukunft wird zeigen, ob wir dann auch mal die 100 Millionen Euro kratzen.

Manche Konjunkturforscher legen die Stirn in Falten und reden der Rezession das Wort. Was würde der FC Bayern für eine Entwicklung nehmen, wenn es wirklich zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Abkühlung in Deutschland und Europa kommt?

Das ist etwas, was mich natürlich als denjenigen, der für die Finanzen zuständig ist, bewegt. Ich würde eine zweigeteilte Antwort geben wollen. Wir haben zum einen ein recht stabiles Geschäftsmodell, so komisch das im Sport klingt. Wir haben eine Allianz-Arena, die immer ausverkauft ist. Wir haben Ticketpreise, die auch im deutschen Vergleich und im europäischen ohnehin ausgesprochen preiswert sind, was bedeutet, dass auch bei wirtschaftlich schlechten Zeiten der Zuschauer weiter ins Stadion kommt. Wir haben langfristige Partner- und Sponsorenverträge, die bedeuten, dass auch eine konjunkturelle Delle locker überstanden werden kann. Wir haben internationale TV-Verträge, die in der Regel über drei bis vier Jahre gehen. Das sind also alles stabile Einnahmen, die wir haben. Und warum soll sich ein Partner mit uns zusammentun? Er soll ja profitieren von unserer Reichweite, auch unserer Power, die wir haben. Also müsste ein Sponsor erst recht, wenn die Zeiten schwieriger werden, sich mit uns zusammentun, um seine Umsätze hochzuhalten. Dieses Selbstbewusstsein haben wir, und deswegen glauben wir, werden wir auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten weiter gute Ergebnisse haben.

Jan-Christian Dreesen, Finanzvorstand des FC Bayern München.

Foto: TVNOW