4 east Forum Berlin 2016

Mit einer Rede des früheren Bundeswirtschaftsministers und jetzigen Geschäftsführers des Weltwirtschaftsforums in Davos Philipp Rösler ging am Nachmittag des 19. April das 4.east forum Berlin zu Ende. Über 400 Teilnehmer aus 40 Ländern kamen am 18. und 19. April 2016 auf Einladung der UniCredit, des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft und der METRO GROUP zu dieser internationalen Wirtschaftskonferenz nach Berlin und sorgten für eine Rekordbeteiligung. Zu den Diskutanten gehörten auch die bis vor einer Woche noch amtierende ukrainische Finanzministerin Natalie Jaresko, der armenische Vize-Premierminister Vache Gabrielyan, BDI-Präsident Ulrich Grillo und der russische Erste Vize-Minister für wirtschaftliche Entwicklung Alexey Likhachev sowie Vorstandsmitglieder großer deutscher und internationaler Unternehmen.

Angesichts einer Vielzahl von Krisen in der EU und ihrer unmittelbaren Nachbarschaft wächst in der Wirtschaft die Sorge vor nationalen Alleingängen, Abschottung und Protektionismus. Das 4. east forum Berlin stellte daher unter dem Motto „An economic area in transition – Shaping the future between Europe and the East” bewusst die Vorteile einer engeren internationalen Zusammenarbeit in den Mittelpunkt. „Ein fragmentiertes Europa wird international an Bedeutung verlieren“, warnte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft Wolfgang Büchele. „Wir wollen Allianzen mit denjenigen bilden, die an Dialogen, grenzüberschreitenden Lösungen und einem gemeinsamen Wirtschaftsraum in Europa interessiert sind.“ Giuseppe Vita, Vorsitzender des Verwaltungsrates der UniCredit, drängt die europäische Politik zum Handeln: „Es gilt, Krisen gemeinsam zu bewältigen, den für die Wirtschaft enorm wichtigen Schengenraum ohne Binnenkontrollen zu erhalten und eine gemeinsame Haltung zu internationalen Krisen zu finden.“

Olaf Koch, Vorsitzender des Vorstands der METRO GROUP, sagte: „Die interdependente Welt von heute bedeutet nicht nur Risiken, wie wir sie in den vergangenen Jahren gesehen haben, sie beinhaltet vor allem große Chancen. Daher müssen wir Wege finden um Vertrauen wiederzugewinnen und gegenseitigen Respekt wieder aufzubauen. Wir brauchen einen Dialog, der klare Standpunkte benennt und Gemeinsamkeiten entwickelt. Es gehört zu unserem Selbstverständnis als Händler und als verantwortlicher Akteur in unserer Gesellschaft, Orte für einen solchen Dialog zu schaffen und kontinuierlich daran zu arbeiten.“

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Der Ost-Ausschuss-Vorsitzende Büchele stellte zusammen mit Giuseppe Scognamiglio (Executive Vice President for Group Institutional Regulatory Affairs UniCredit & Editor-in-chief Eastwest magazine) und Ivonne Julitta Bollow (Leiterin Eastern Europe & International Affairs im Bereich Politik und Außenbeziehungen, METRO GROUP) die Ergebnisse des diesjährigen east forum Berlin Barometers vor, einer Umfrage unter den Teilnehmern des 4. east forum Berlin, an der sich 180 Personen beteiligt hatten. Von diesen sprachen sich über 80 Prozent für direkte Gespräche zwischen der EU und der Eurasischen Union über einen gemeinsamen Wirtschaftsraum aus. „Wenn sich in Europa mit der EU und der Eurasischen Wirtschaftsunion zwei konkurrierende Wirtschaftsblöcke herausbilden, führt das insbesondere in den Staaten dazwischen zu Zerreißprozessen. Diesen Zustand müssen wir überwinden“, kommentierte Wolfgang Büchele dieses Ergebnis. 70 Prozent der an der Umfrage Beteiligten wünschen sich auch im Energiebereich eine engere Kooperation beider Wirtschaftsräume. Nur neun Prozent sehen gemeinsame Energieprojekte, wie etwa die geplante Nord Stream II Pipeline durch die Ostsee, skeptisch.

Verhalten optimistisch sind die Teilnehmer des east forum Berlin bezüglich der gegenseitigen Wirtschaftssanktionen von EU und Russland. 35 Prozent erwarten die Rücknahme erster Sanktionen noch im Jahr 2016. Weitere 27 Prozent rechnen damit spätestens 2017. 38 Prozent hingegen erwarten vor 2017 keine Änderungen beim Sanktionsthema. Im Vordergrund von Gesprächen zwischen Brüssel und Moskau sollten der Abbau von Handelshemmnissen, die Vereinheitlichung von Normen und Standards sowie die Verbesserung der grenzüberschreitenden Infrastruktur stehen. Von der EU selbst erwarten die Teilnehmer insbesondere Anstrengungen zum Abbau der Bürokratie. Die chinesische Seidenstraßen-Initiative „One Belt, One Road“, die insbesondere die Verkehrsinfrastruktur zwischen China und der EU verbessern und Zentralasien und die Türkei zu neuen Drehscheiben des Handels aufwerten könnte, wird mehrheitlich positiv eingeschätzt (48 Prozent).

“Die Seidenstraßen-Initiative hat positive Auswirkungen auf die Sicherheit und den Frieden in der Region: Tatsächlich berührt sie einige der instabilsten Länder und Regionen der Welt, darunter der Mittlere Osten, der in der erweiterten Nachbarschaft der EU liegt und auch für die europäische Sicherheit von Bedeutung ist,“ sagte Giuseppe Scognamiglio.

„Die neue Seidenstraße hat nicht nur enormes wirtschaftliches Potenzial für alle Anrainerstaaten, sondern kann auch als Treiber für die Integration des Wirtschaftsraumes wirken“, kommentierte Ivonne Julitta Bollow. „Um aus dieser Vision reelle Chancen für Europa und Eurasien abzuleiten, müssen wir ein Verständnis dafür schaffen, dass One Belt, One Road nicht nur eine chinesische Initiative ist. Die neue Seidenstraße kann ihre volle Kraft nur dann entfalten, wenn wir sie als gemeinsames Projekt verstehen.“

Nur 14 Prozent der Teilnehmer warnen hier vor möglichen Gefahren wie einem Wachsen des chinesischen Einflusses und schärferer Konkurrenz. 20 Prozent der Befragten fühlen sich allerdings bislang nicht gut genug über das chinesische Projekt informiert. Dem versuchte das 4. east forum Berlin in zwei Panel-Diskussionen abzuhelfen, zu dem auch Experten aus China anreisten.

Das 4. east forum Berlin knüpfte in diesem Jahr an die Aktivitäten des deutschen OSZE-Vorsitzes an. Die beiden großen Themen des east forum – die chinesische Seidenstraßen-Initiative und der gemeinsame Wirtschaftsraum mit den östlichen EU-Nachbarn und Russland – werden Ende Mai im Rahmen einer großen OSZE-Wirtschaftskonferenz im Auswärtigen Amt in Berlin weiter diskutiert. Das east forum Berlin wird von der UniCredit, dem Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft und der METRO GROUP getragen. Als Kooperationspartner waren 2016 erstmals der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) dabei. Zudem fand das east forum Berlin auch 2016 in Zusammenarbeit mit dem Land Berlin statt. Die Eröffnung des Forums erfolgte am Abend des 18. April im Berliner Rathaus mit Reden des Berliner Finanzsenators Matthias Kollatz-Ahnen, des Staatssekretärs Stephan Steinlein und des polnischen Staatssekretärs Aleksander Stępkowski. Zahlreiche Botschaften präsentierten sich dort den Teilnehmern mit eigenen Ständen. Der zweite Konferenztag wurde dann in der Axica, unweit des Brandenburger Tors, durchgeführt. Vor dem Tor versammelten sich die Teilnehmer schließlich auch zum großen Abschlussfoto des 4. east forum Berlin.

Aktuelle Informationen, die Umfrage zum east forum Berlin und Fotos der Veranstaltungen finden Sie unter www.eastforum-berlin.de.