Let’s Dance 14 Juni Finale 2019 Piwko Interview

Ein Gehörloser im Finale, eine Frau tanzt mit einer Frau und die Juroren kommen aus Südafrika, Kuba und Duisburg: Auch das „Let’s Dance“-Finale am Freitag, 14. Juni 2019, 20.15 Uhr, bleibt vielfältig. Sängerin Ella Endlich, der gehörlose Schauspieler Benjamin Piwko und Profi-Handballer Pascal Hens tanzen live im großen „Let’s Dance“-Finale um den Titel. Wer wird „Dancing Star 2019“?

Zum ersten Mal tanzt mit Benjamin Piwko ein Gehörloser bei „Let’s Dance“. Der Schauspieler und Kampfkunst-Meister verlor im Alter von acht Monaten aufgrund einer Virusinfektion sein Gehör und tritt am Freitag im Finale von Deutschlands schönster Tanzshow an. Im Interview spricht er über Gehörlose und Hörende:

Let’s Dance 14 Juni Finale 2019 Piwko Interview

Die Entscheidung: Benjamin Piwko und Isabel Edvardsson sind im Halbfinale. Verwendung der Bilder für Online-Medien ausschließlich mit folgender Verlinkung: „Alle Infos zu „Let´s Dance“ im Special bei RTL.de: https://www.rtl.de/cms/sendungen/lets-dance.html

Was bedeutet es für Sie, als Gehörloser im „Let’s Dance“ -Finale anzutreten?
„Ich möchte Brücken bauen zwischen der Gehörlosenwelt und den Hörenden. Dass ich es so weit geschafft habe, ohne auch nur eine Note Musik zu hören, bedeutet mir sehr viel. Ich hätte das nie für möglich gehalten und möchte mich besonders bei meiner wunderbaren Tanzpartnerin Isabel bedanken. Mit viel Liebe und Geduld hat sie es geschafft, dass ich das Gefühl habe und nun weiß, was Musik bedeutet.“

Was würde es für Sie bedeuten, wenn Sie „Dancing Star 2019“ werden sollten?
„Das wäre unglaublich – aber ich bin auch jetzt schon völlig überwältigt, überhaupt im Finale tanzen zu dürfen.“

Sie möchten kein Mitleid oder eine Bevorzugung. Warum?
„Ich sage immer – ich habe kein Handicap, ich kann nur nicht hören. Dafür kann ich andere Sachen besser. Mitleid würde mich kleiner machen und das möchte ich nicht.“

Was erfüllt Sie bei „Let´s Dance“ mit Stolz?
„Mir schreiben so viele Leute, dass sie durch uns Mut gefasst haben, Sachen zu machen, die sie eigentlich für unmöglich gehalten haben. Sie schreiben, wir haben sie inspiriert es einfach zu versuchen. Dass wir über unser Tanzen das Leben von manchen Menschen verändert haben, macht mich sehr stolz. Auch, dass sie sagen, sie sehen gehörlose Menschen nun mit anderen Augen und verlieren die Berührungsängste, macht mich sehr glücklich.“

Was bedeutet es für Sie, wenn die Zuschauer mit Gehörlosen-Applaus applaudieren?
„Da bekomme ich jedes Mal Tränen in die Augen, weil sie sich für einen Moment in meine Welt hereinversetzen. Sie zeigen mir – sie verstehen mich, sie haben Interesse an mir und meiner Welt. Und das ist unglaublich schön.“

Was war bisher Ihr schönster „Let´s Dance“-Moment?
„Es gab so viele unbeschreibliche Momente. Ich glaube, das schönste ist die Freundschaft zu Isabel und ihrer Familie.“

Spielt es bei „Let´s Dance“ überhaupt eine Rolle, ob Sie hören können oder nicht?
„Ja, klar. Ich bekomme es ja mit, dass andere die Musik hören und ich nicht. Ich muss mir das alles anders vorstellen. Besonders schwierig war der Impro-Dance, bei dem ich sehr aufgeregt war. Es ist ja eigentlich unmöglich zur Musik zu improvisieren, wenn man die Musik nicht hören kann. Umso stolzer war ich auf die vielen Punkte, die wir dafür bekommen haben.“

Sie sind für viele Gehörlose ein Vorbild. Wie fühlen Sie sich dabei?
„Das macht mich sehr, sehr stolz.“

Welchen Rat geben Sie Menschen mit Handicap für ihren Lebensweg?
„Glaubt an euch – es ist alles möglich. Versucht es einfach!“

Die Gehörlosengemeinschaft drückt Benjamin Piwko die Daumen:
In Deutschland leben etwa 80.000 Gehörlose. Der Deutsche Gehörlosen-Bund e.V. (DGB) vertritt die sozialpolitischen, kulturellen, beruflichen und gesundheitspolitischen Interessen der Gehörlosen und drückt Benjamin Piwko die Daumen.

Elisabeth Kaufmann, Vizepräsidentin des Deutschen Gehörlosen Bundes und Fachteamleiterin „Kultur“:
„Wir vom Präsidium des Deutschen Gehörlosen Bundes sind sehr stolz auf Benjamin Piwko, dass er es bis zum „Let´s Dance“ -Finale geschafft hat. Ich finde, jeder gehörlose Mensch hat die Fähigkeit einen Rhythmus zu erkennen und diesen dann in Bewegung umzusetzen. Wenn man Benjamin Piwko tanzen sieht, kann man beobachten wie sein Körper den eigenen Rhythmus findet und er tanzt zur Musik bzw. zum Takt von fließend-sanft bis wild-kraftvoll. Eine einzige Ode an Ästhetik und Leidenschaft, das ist schon von einem gehörlosen Tänzer wie Benjamin Piwko eine bewundernswerte Leistung. Es ist sicher ein tolles Erlebnis für Benjamin Piwko, bei der Show „Let´s Dance“ dabei zu sein und für uns Gehörlosengemeinschaft als Zuschauer auch. Wir drücken ihm weiterhin die Daumen. Und wir hoffen auch, dass er keine Ausnahme als gehörloser Tänzer bleibt, bei einer solchen Show dabei sein zu dürfen.“

Bei „Let´s Dance“ an Benjamin Piwkos Seite: Kenneth Kamal-Seidel. Der Gebärdensprachdolmetscher aus Köln ist bei den Live-Shows stets vor Ort und übersetzt sämtliche Gespräche zwischen Moderatoren, Jury und Kandidaten. Vor dem Finale haben wir Kenneth Kamal-Seidel noch für einen kurzen Podcast erwischt. Er spricht über die Zusammenarbeit, über seine Arbeit als Dolmetscher und über die Bedeutung von Benjamin Piwkos Erfolg für Gehörlose in unserer Gesellschaft.

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Benjamin Piwko und Isabel Edvardsson

Foto: TVNOW / Stefan Gregorowius