Sebastian Kurz ÖVP Interview RTL

Sebastian Kurz, ÖVP, heute gegenüber der RTL/n-tv Redaktion im exklusiven Interview dazu, wer bei einer Wiederwahl sein bevorzugter Koalitionspartner wäre:

„Also zunächst einmal, die Wahl ist nicht entschieden und ich glaube, es gebührt auch der Respekt gegenüber den Wählerinnen und Wählern, dass man nicht so tut, als wäre die Wahl vorbei. Sie haben Recht, die Ausgangslage ist eine gute, wir sind dankbar für den Rückenwind den wir in der österreichischen Bevölkerung haben, aber jetzt gilt es diesen Rückenwind, diese positive Stimmung auch erstmal in Stimmen umzuwandeln.“

Auf die Frage, unter welchen Umständen die Rechtspopulisten für ihn wieder als Koalitionspartner in Frage kämen:

„Ja, wir haben eine spannende Situation in Österreich. Alle anderen Parteien kritisieren uns massiv. Es vergeht kein Tag ohne Kritik an der Volkspartei und gleichzeitig sagen sie alle, sie wollen mit uns regieren. Wir als Volkspartei haben im Mai erlebt, dass, wenn es eine Mehrheit gegen uns gibt, dass die genutzt wird. Insofern ist mein großes Ziel, dass es keine Mehrheit der Sozialdemokraten und Rechtspopulisten gegen uns gibt und dass es genauso keine Mehrheit links der Mitte gegen uns gibt. Und wenn wir dieses Wahlziel nicht erreichen, dann wird wahrscheinlich jemand anderer das Land führen, wenn wir dieses Wahlziel erreichen, dann bin ich sehr optimistisch, dass wir eine gute stabile Regierung mit wem auch immer für das Land bilden können. Wichtig ist für uns, dass wir unsere zentralen Anliegen, unsere inhaltlichen Vorhaben auch umsetzen können.“

Dazu, ob er eine Vorstellung habe, wann die FPÖ für ihn infrage kommen würde:

„Ich möchte jetzt nicht den ganzen Tag und das ganze Interview mit der FPÖ verbringen, sondern ich habe aus gutem Grund die Koalition mit der FPÖ damals beenden müssen – die Enthüllung des Ibiza-Videos. Ich habe damals volle Aufklärung verlangt, jetzt gibt es wieder neue Vorwürfe gegen die freiheitliche Partei, also die Aufklärung ist jetzt notwendiger denn je. Und auch jetzt schauen wir mal, was der Wahlsonntag bringt. Wenn wir als Volkspartei gestärkt werden, dann weiß jeder in Österreich was er bekommt, nämlich unseren Stil, unseren Zugang in der Politik, in den entschlossenen Kampf gegen illegale Migration, die Senkung der Steuerlast, ein Ende der Schuldenpolitik und wer das möchte, der kann uns wählen.“

Zum FPÖ-Spesenskandal:

„Es gibt viele Vorwürfe die gerade im Raum stehen. Das ist meiner Meinung nach eine Aufgabe jetzt der Justiz, aber auch der Freiheitlichen Partei das aufzuklären.“

Auf die Frage, welchen Themen ihm im Wahlkampf wichtig sind und zur Flüchtlingsproblematik:

„Naja (…), die Medien berichten kaum darüber, aber die Ausgangssituation ist natürlich eine sehr bedenkliche. Wir erleben, dass Italien die Häfen geöffnet hat, dass Spanien die Politik geändert hat, dass Erdogan der Europäischen Union droht Millionen Menschen nach Europa weiter zu winken. Also sollte ich gewählt werden, werde ich sicher auf europäischer Ebene weiter für eine restriktive Migrationspolitik kämpfen, weil wenn man jetzt das Pendel wieder zurückschlagen lässt, die Fehler aus 2015 wiederholt, also dann ist Europa ja nicht mehr zu helfen. Was kann man sich erwarten, wenn man uns als Volkspartei wählt: Eine restriktive Migrationspolitik, die Senkung der Steuerlast – wir haben damit begonnen. Wir haben Kleinstverdiener entlastet, wir haben Familien entlastet, diesen Weg möchte ich weiter fortsetzen, arbeitenden Menschen muss mehr zum Leben bleiben. Dann gibt es große Reformprojekte, die wir angehen müssen. Von der Pflege bis hin zu Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel.“

Ob ihn die Quotenlösung in der Flüchtlingsfrage störe:

„Ich kommentiere nicht die deutsche Politik und ich glaube jedes Land muss für sich entscheiden: Ich kann für Österreich sprechen. Wir haben in den letzten drei Jahren 150.000 Menschen aufgenommen, also pro Kopf mehr als viele andere Länder in der Europäischen Union. Wir haben mehr als genug geleistet und wir müssen erst einmal die Menschen integrieren, die zu uns gekommen sind. Da gibt es zahlreiche Herausforderungen und Probleme. Viele von diesen Menschen haben noch immer keine Arbeit gefunden in unserem Land, viele können die Sprache noch nicht. Die Sicherheitssituation ist nicht besser geworden durch die Migration nach Österreich und darum müssen wir einmal unsere Hausaufgaben in Österreich machen. Ich habe keine Lust und sehe auch keine Notwendigkeit noch zusätzlich Menschen in Österreich aufzunehmen.“

Auf die Frage, was er für den Klimaschutz tun will:

„Unseren Weg fortsetzen. Wir haben vor einigen Monaten als Bundesregierung in Österreich das letzte Kohlekraftwerk geschlossen. Deutschland hat noch bis 2034 glaube ich Zeit, um den Ausstieg aus Kohle zu besiegeln. Also da sind wir deutlich voraus: Wir haben keinen Atomstrom in Österreich, wir haben jetzt schon 70 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien, das wollen wir bis 2030 auf 100 Prozent steigern. Dann sind wir absolute Weltspitze als Republik Österreich, aber natürlich gibt es auch Bereiche wo wir Hausaufgaben zu machen haben. Insbesondere im Verkehr, da möchte ich nicht auf CO2-Steuern oder Verbote setzen, nicht die Menschen bestrafen die das Auto brauchen, um in die Arbeit zu kommen. Wir werden den öffentlichen Verkehr ausbauen und wir wollen natürlich auf Innovation setzen, also Elektro auf der Kurzstrecke und Wasserstoff auf der Langstrecke, aber sicher keine Bestrafungsaktionen für Menschen, die auf das Auto angewiesen sind.“

Ob er Verständnis für die jungen Leute habe, die sich bei ‚Fridays for Future‘ engagieren:

„Ich habe selbst sehr früh begonnen mich politisch zu engagieren und darum finde ich es allein schon aufgrund meiner eigenen Geschichte gut, wenn sich junge Menschen engagieren. Was die Warnungen betrifft vor dem Klimawandel, halte ich es auch für gut, dass sie artikuliert werden, weil das ist eine große Herausforderung für die ganze Menschheit. Aber, ich bin ein optimistischer Mensch, die Menschheit hat schon vieles bewältigt. Wir haben die Kindersterblichkeit massiv reduziert, wir haben Krankheiten gut gekämpft, wir haben ganze Krankheiten fast ausgelöscht, wir haben uns technologisch extrem entwickelt. Der Büroalltag heute ist nicht zu vergleichen mit den Büroalltag vor 30 Jahren. Wir sind nicht mehr in der Steinzeit und das ist alles gelungen durch Innovation und insofern glaube ich fest daran, dass wir auch in dieser entscheidenden Frage erfolgreich sein werden. Durch Innovation werden wir die CO2-Emissionen massiv reduzieren können, aber es wird ein anstrengender Weg.“

Auf die Frage, ob man brutal sein muss, um nach oben zu kommen:

„Also es ist im Wahlkampf so viel über mich verbreitet worden. Von Drogengerüchten, über Gerüchte, dass ich in Kinderpornografie mitgewirkt hätte – ganz viele andere Dinge, die da im Internet verbreitet worden sind. Also wenn jetzt der letzte Vorwurf, wenige Stunden vor der Wahl ist, ich bin ein Machtmensch – ich habe schon Schlimmeres gehört. Ich sage ihnen was. Ich bin seit acht Jahren in der Spitzenpolitik. Österreich ist ein kleines Land, viele Menschen haben mich schon persönlich getroffen und ich glaube die Menschen wissen einfach, wer in Österreich wie tickt. Das ist der Vorteil, dass wir nur 8 Millionen sind und nicht so groß wie Deutschland. Insofern kann ich mit all diesen Verleumdungen, Gerüchten, Unterstellungen eigentlich ganz gut umgehen. Jeder in Österreich hat die Möglichkeit gehabt in den letzten Jahren sich ein Bild zu machen und jeder soll für sich entscheiden, wen er unterstützen will, der das Land führen soll.“

Ob es bei diesem Wahlkampf ums Eingemachte ging:

„Ja, es war ein Wahlkampf, wo amerikanische Methoden nach Österreich gekommen sind. Es war ein Wahlkampf, den ich mir vor einigen Monaten so nie hätte vorstellen können. Es war irrsinnig schmutzig und da kommt man natürlich währenddessen schon ins Grübeln. Was löst das aus, hinterlässt das Spuren, glauben die Menschen Gerüchte, die da verbreitet werden oder nicht? Und das Schöne ist, dass wir ein kleines Land sind und dass man glaube ich die Möglichkeit hat, vieles was da an Dreck auf Social Media verbreitet wird auch kommen auszuräumen, dass man die Möglichkeit hat, dass am Ende die Wahrheit durchkommt. Und jetzt habe ich die Hoffnung, dass die Menschen uns unterstützen und wir unsere Arbeit fortsetzen können.“

Quelle: n-tv.

Sebastian Kurz, ÖVP
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