Quarantäne für nicht infiziertes Kind – 3 Jahre – rechtswidrig – Verwaltungsgericht Münster

Das Verwaltungsgericht Münster hat durch Beschluss vom 11. Mai 2021 dem Eilantrag eines dreijährigen Kindes stattgegeben, das sich gegen die Anordnung der Stadt Lengerich gewehrt hatte, sich wegen des Kontakts zu einer wahrscheinlich mit dem Coronavirus infizierten Person vom 30. April 2021 bis zum 18. Mai 2021 in häusliche Quarantäne zu begeben.

Der Antragsteller besucht eine Kindertagesstätte, in der er am 27. April 2021 Kontakt zu einem anderen Kind hatte, das am 29. April 2021 positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Daraufhin hatte der Kreis Steinfurt als Untere Gesundheitsbehörde am 1. Mai 2021 gegenüber der Mutter des Antragstellers mündlich die häusliche Quarantäne bis zum 18. Mai 2021 angeordnet, hierüber die Stadt Lengerich als örtliche Ordnungsbehörde informiert und sie aufgefordert, eine entsprechende schriftliche Ordnungsverfügung zu erlassen. Dieser Aufforderung war die Stadt Lengerich mit Ordnungsverfügung vom 2. Mai 2021 nachgekommen. Zur angeordneten Dauer der Quarantäne gab die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren unter anderem an: Der Formulierung nach sei hier zwar insgesamt (ab Kontakt) eine 21-tägige Quarantänefrist angeordnet worden. Um Missverständnisse zu vermeiden, würden in Lengerich ab dem 10. Mai 2021 Ordnungsverfügungen mit einer 14-tägigen Quarantänefrist versehen. Es erfolge aber eine automatische Fristverlängerung auf bis zu 21 Tage, falls kein Nachweis über einen negativen Coronatest vorliege.

Das Verwaltungsgericht Münster entschied nunmehr, die Ordnungsverfügung sei rechtswidrig, soweit hiermit eine häusliche Quarantäne des Antragstellers über den 11. Mai 2021 hinaus angeordnet worden sei. Die Antragsgegnerin habe keine tragfähigen Ermessenserwägungen angestellt, soweit die Quarantäne des Antragstellers über den 11. Mai 2021 hinaus angeordnet worden sei. Nach der Corona-Test-und-Quarantäneverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen solle die Quarantäne in der Regel nach 14 Tagen enden, gerechnet ab dem letzten Tag des Kontaktes zur positiv getesteten Person. Zwar ermächtige die Verordnung grundsätzlich dazu, im Einzelfall von der Regeldauer abzuweichen. Hierzu seien der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin jedoch keine Ermessenserwägungen zu entnehmen. Diese seien auch im gerichtlichen Verfahren nicht hinreichend ergänzt worden. Insbesondere könne der Ablauf der Quarantäne ohne weitere Begründung nicht von einem negativen PCR-Test abhängig gemacht und in Ermangelung eines solchen eine Verlängerung der Quarantäne um eine Woche angeordnet werden. Liege vor Beendigung der 14-tägigen Quarantäne einer symptomlosen Kontaktperson kein positiver PCR-Test vor, sei nach der maßgeblichen Verordnung davon auszugehen, dass das Risiko einer Weiterverbreitung des Virus infolge einer Infektion in einem die weitere Absonderung nicht mehr rechtfertigenden Maß reduziert sei. Es könne dann kein beizubringender negativer Test für die regelhafte Beendigung der Quarantäne nach 14 Tagen ab dem letzten Kontakt mit dem Primärfall gefordert und die Quarantäne bis zu dessen Vorliegen vorsorglich aufrechterhalten werden. Es stehe der Antragsgegnerin nicht zu, die für Personen mit einer bestätigten Infektion vorgesehene Verfahrensweise ohne im Einzelfall dargelegte Besonderheiten auf bloße Verdachtsfälle zu übertragen.

Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.

Der Beschluss wird in Kürze in der Rechtsprechungsdatenbank www.nrwe.de veröffentlicht.
(Az.: 5 L 307/21 – nicht rechtskräftig)

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