Vor genau 125 Jahren, am Morgen des 22. Juli 1894, nahmen 21 mutige Fahrer in ihren Fahrzeugen auf dem Boulevard Maillot Platz, direkt neben dem Bois de Boulogne in Paris. Mit dem Start um 8:00 Uhr sollten die angehenden Rennfahrer und eine Reihe von Passagieren in deren Autos am ersten Autorennen der Geschichte teilnehmen – einem Ausdauerrennen, das über 127 Kilometer auf öffentlichen Straßen zwischen Paris und Rouen abgehalten wurde.
Tausende Zuschauer waren gekommen, um dem Spektakel beizuwohnen. Umso schwieriger fiel der Start aus, da die Straßen für die Öffentlichkeit nicht gesperrt worden waren. In einem Bericht hieß es damals: „Der Konvoy wurde an allen Seiten von einer Vielzahl an Radfahrern sowie etlichen Fahrzeugen mit einem mechanischen Antrieb begleitet, die als Amateure ebenfalls auf die Route gingen.“
Die Veranstaltung wurde von der französischen Tageszeitung „Le Petit Journal” ausgerichtet und das Reglement war eher allgemein gehalten. Der Sieg sollte an einen “pferdlosen Wagen“ gehen, der „ während der Reise nicht gefährlich, einfach zu fahren und preiswert“ war.
Nach einer Mittagspause zur Rennmitte in Mantes kam das erste Auto um 17:40 Uhr ins Ziel. Kurz darauf folgten 16 weitere Fahrzeuge, die das Rennen beendeten. Neun der 17 Fahrer, die die Ziellinie sahen, wurden von einem Zweizylinder-V-Motor mit 3,5 PS (2,6 kW) angetrieben, der von Gottlieb Daimler erfunden und in Frankreich nach seinen Originalplänen gebaut worden war. Ein Benz-Fahrzeug mit 5 PS (3,7 kW) erreichte ebenfalls das Ziel.
Der erste Preis ging an den Teilnehmer, dessen „Auto am nächsten an das (in den Regeln beschriebene) Optimum“ herankam. Er wurde zwischen zwei französischen Fahrzeugherstellern aufgeteilt: Panhard & Levassor sowie Peugeot. Beide Fahrzeuge wurden vom “Système Daimler” angetrieben, sprich: Gottlieb Daimlers 3,5-PS-Motor.
In ihrer Urteilsbegründung betonte die Jury die Innovation von Daimler: „Der Daimler-Motor wurde von einem kompetenten Ingenieur aus Württemberg entwickelt. Herr Daimler, der gestern in Rouen zugegen war, um die Früchte seiner Arbeit zu ernten, konnte Mineralöl oder Benzin in eine praktische Lösung umsetzen.“
Vor 120 Jahren: der Name Mercedes für einen Rennwagen
Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde ein wohlhabender Geschäftsmann namens Emil Jellinek zum besten Kunden von Gottlieb Daimlers Fahrzeugunternehmen, der Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG). Er bestellte sein erstes Daimler-Auto im Jahr 1897 und erhielt im Jahr darauf zwei weitere Fahrzeuge. Im Jahr 1899 hatte DMG bereits zehn Autos an Jellinek geliefert, ein Jahr darauf waren es bereits 29.
Jellinek setzte viele dieser Fahrzeuge für die Teilnahme an Autorennen ein. Im März 1899 startete er bei der prestigeträchtigen Rennwoche von Nizza in einem Daimler „Phoenix“ Rennwagen. Dabei trat er allerdings nicht unter seinem echten Namen an. Stattdessen schrieb er sich unter dem Pseudonym Mercédès ein, dem Vornamen seiner ältesten Tochter: Mercédès Jellinek. Emil Jellinek nutzte diesen Namen bei seinen Rennstarts und so wurde „Monsieur Mercédès“ in Rennsportkreisen schnell zu einem Begriff.
Im April 1900 unterzeichneten Jelinek und DMG eine Vereinbarung über neue Fahrzeuge, die nach Jellineks Spezifikationen gebaut und von einem neu entwickelten Motor mit dem Namen „Daimler-Mercedes“ angetrieben werden sollten. Am 22. Dezember 1900 nahm Jellinek die erste Lieferung eines Fahrzeugs mit dem neuen Motor entgegen. Der Rennwagen hatte 35 PS (26 kW) mit einem niedrigen Schwerpunkt, einen leichten, aber leistungsstarken Motor und einen Wabenkühler. Entwickelt wurde das Fahrzeug von DMG-Chefingenieur Wilhelm Maybach. Es konnte eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 90 km/h erreichen und wird heute als das erste moderne Auto angesehen – und es war der erste Mercedes. Dieser neue Fahrzeugtyp gewann ein paar Monate später bei der Rennwoche von Nizza 1901 beinahe jeden Wettbewerb, an dem er teilnahm. Somit war der erste Mercedes ein Rennwagen. Im Gleichen Jahr begann DMG damit, Autos unter der Bezeichnung Mercedes zu vermarkten. Am 23. Juni 1902 wurde der Begriff als Markenzeichen eingetragen.
Vor 85 Jahren: die Geburtsstunde der Silberpfeile
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Grand-Prix-Rennwagen üblicherweise in den internationalen Motorsportfarben lackiert. Diese Farben repräsentierten die Herkunft des Autos oder des Fahrers. Britische Teams traten im „British Racing Green“ an, französische Fahrzeuge wurden im „Bleu de France“ lackiert und italienische Teams starteten mit roten Autos. Die Fahrzeuge von Mercedes-Benz Grand Prix trugen traditionell ein weißes Kleid, das für die Herkunft der Marke aus Deutschland stand.
Gemäß der Legende änderte sich all das in den 1930er Jahren. Das Eifelrennen am 3. Juli 1934 auf dem Nürburgring war das erste Rennen, bei dem der Mercedes-Benz W 25 an den Start ging. Das Auto war für die Grand-Prix-Saison 1934 neu entwickelt worden, in der ein verändertes Reglement in Kraft trat. Dieses beschränkte das Fahrzeuggewicht auf maximal 750 Kilogramm ohne Benzin, Öl, Kühlmittel und Reifen. Davon abgesehen ließ das Reglement viel Spielraum für Innovationen und schränkte das Design des Fahrzeugs in keiner Weise ein. Der Mercedes-Benz W 25 folgte einer klassischen Fahrzeugarchitektur: das Auto besaß einen Hinterradantrieb und wurde von einem 3,4 Liter Reihenachtzylinder-Kompressor-Motor angetrieben, der vorne verbaut wurde und 354 PS (260 KW) Leistung erzeugte.
Es war ein gewaltiger Rennwagen, der aber gemäß der Silberpfeil-Legende ein kleines Problem aufwies: als der W 25 am Tag vor seinem ersten Rennen gewogen wurde, lag er leicht über dem Gewichtslimit von 750 Kilogramm. Das Team konnte das Gewicht aber angeblich auf die vorgeschriebene Zahl verringern, in dem es die weiße Farbe entfernte. Ohne diese kam das Metall der Karosserie zum Vorschein, was dem W 25 einen silbernen Look verlieh: es war die Geburtsstunde des ersten Silberpfeils.
Der W 25 sollte aber nicht nur für seine schimmernde Karosserie bekannt werden, sondern auch für seine beeindruckende Performance auf der Rennstrecke. Am Renntag gewann Manfred von Brauchitsch das Eifelrennen und stellte im W 25 einen neuen Streckenrekord mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 122,5 km/h auf. Es war der erste von vielen Siegen für die Silberpfeile. Der W 25 sollte bis 1937 zum Einsatz kommen, dem letzten Jahr der 750-kg-Formel. Zwischen 1934 und 1937 wurde das Design des Fahrzeugs auf der Jagd nach immer mehr Performance fortwährend modifiziert. Innerhalb von drei Jahren wurde der Hubraum des Motors auf bis zu 4,7 Liter erhöht, dessen Leistung damit auf 646 PS (475 kW) anwuchs. Viele berühmte Rennfahrer gingen im W 25 an den Start, darunter Rudolf Caracciola und Luigi Fagioli.
Vor 65 Jahren: der Einstieg in die Formel 1
Mercedes-Benz gab im Jahr 1954 sein Debüt in der Formel 1. Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts hatte die Marke sich einen Ruf für die Entwicklung starker und zuverlässiger Rennwagen erarbeitet. Entsprechend hoch waren die Erwartungen. Es ist jedoch nie einfach, in eine neue Rennserie einzusteigen, ganz besonders, wenn dies ein paar Jahre später geschieht und die Konkurrenten wie Ferrari und Maserati darin bereits Rennen oder sogar Weltmeisterschaften gewonnen haben.
Das neue Auto hatte jedoch ein paar Tricks in der Hinterhand. Als der W 196 beim Großen Preis von Frankreich am 4. Juli 1954 zum ersten Mal ins Rennen ging, zeigte er auf Anhieb, wozu er im Stande ist. Mit Juan Manuel Fangio am Steuer gewann Mercedes-Benz direkt das allererste Formel 1-Rennen, bei dem die Marke an den Start ging.
In seiner frühen Form des Jahres 1954 wurde der W 196 von einem 2,5 Liter Achtzylinder-Reihenmotor mit 256 PS (188 kW) Leistung angetrieben. Das Auto kam dabei mit zwei verschiedenen Karosserien zum Einsatz. Zum einen gab es einen klassischen Monoposto mit freistehenden Rädern, der im Vergleich zu den anderen Grand-Prix-Fahrzeugen seiner Zeit relativ ähnlich aussah. Und dann gab es noch die berühmte „Stromlinie“, ein Auto, das aerodynamisch dafür optimiert war, den Luftwiderstand zu minimieren. Aus diesem Grund kam es auf extrem langen Strecken mit wenigen Kurven und vielen langen Geraden zum Einsatz. Obwohl die „Stromlinien“-Version sich seitdem zu einer echten Motorsport-Ikone entwickelte, war es der Monoposto, der an mehr Rennen teilgenommen hat.
Mercedes-Benz blieb für zwei Saisons in der Formel 1 und gewann in diesem Zeitraum neun der zwölf Rennen. Bei acht dieser Siege saß Juan Manuel Fangio am Steuer des W 196, der 1954 und 1955 auch die Fahrer-Weltmeisterschaft gewann. In seinem ersten Jahr trat Juan Manuel Fangio gemeinsam mit Karl Kling und Hans Hermann, die jeweils einen Podestplatz einfuhren, sowie Hermann Lang an. Im Jahr darauf stießen Stirling Moss, André Simon und Piero Taruffi zum Team. Moss sollte neben Fangio der einzige Fahrer sein, der in den 1950er Jahren ein F1-Rennen in einem Mercedes gewann.

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Mercedes-Benz Classic Insight: 125 years of Motorsport, Silverstone, Day 1 – Jürgen Tap Mercedes-Benz Classic Insight: 125 years of Motorsport, Silverstone, Day 1 – Jürgen Tap