Corona Krise Lage der Wirtschaft in Deutschland Kommentar Linnemann

Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion in der CDU/CSU, heute bei ntv zur Corona-Lage und der Frage, ob es ein realistisches Bild ist, das die Ökonomen und Forschungsinstitute vom drohendem, schon stattfindendem, Einbruch der Weltwirtschaft sprechen:

„Ja, das wird stattfinden. Man muss nur aufpassen, dass man jetzt nicht überzieht, weil wir natürlich optimistisch sein müssen, weil natürlich alles darauf angelegt ist. Gleichwohl muss man natürlich auch die Fakten beim Namen nennen: Erstens werden wir dieses Jahr in Deutschland eine Rezession erleben und wenn Sie mich fragen, wird diese Krise wirtschaftlich das, was wir 2008/2009 bei der Weltwirtschaftskrise gesehen haben in den Schatten stellen.“

Auf die Frage, ob der „Helicopter-Money“-Ansatz, wie in den USA, auch in Deutschland denkbar wäre, sprich direkte Schecks vom Staat an Bürger und Unternehmen:

„Ich habe gestern gefühlt an die 50, 60 Telefonate mit Arbeitnehmern, mit Arbeitgebern geführt. Das beginnt bei Solo-Selbstständigen über einen kleinen Einzelhändler, der den ganzen Tag im Laden steht, bis hin zu einem Schausteller, der auf seinen Festen nicht mehr das Karussell aufstellen kann. All diese Menschen, das sind Millionen in Deutschland, haben gar keine Einnahmen mehr. Da nützen auch keine Notkredite. Und hier müssen wir in der Tat – ob sie es Helikoptergeld nennen, oder was auch immer – diesen Menschen Geld geben. Und ich wäre dafür, dass wir diesen Menschen einen gewissen Betrag im Monat geben und am Ende des Jahres in der Steuererklärung schauen – also die Finanzämter – erreicht derjenige eine gewisse Schwelle, was weiß ich, 30.000, 40.000 Euro oder wie viel auch immer, das muss man definieren, und wer diese Schwelle erreicht und darüber hinaus viel verdient hat, der muss das Geld zurückzahlen. Alle anderen können es behalten.“

Auf die Frage, ob er in der Fraktion und in der Koalition Mitstreiter habe, die bei dieser konkreten Idee mitziehen:

„Es ist natürlich die Zeit der Exekutive im Moment. Und das verstehe ich auch und das ist auch richtig so. Trotzdem hat, finde ich, die Regierung richtig reagiert, mit der Bazooka gesagt, wir helfen, aber das muss jetzt auch konkret werden. Die Unternehmer, die Arbeitnehmer, rufen mich an. Mit dem Kurzarbeitergeld, das läuft ganz gut, aber Vieles andere nicht. Und da ist die Legislative, da sind wir gefragt. Beispielsweise bei den KfW-Krediten. Wenn der Bund nur 80 Prozent der Bürgschaft übernimmt, dann wird die Sparkasse oder die Volksbank vor Ort natürlich sagen, 20 Prozent übernehmen wir auch nicht. Da muss der Bund sagen, wir übernehmen mehr. Gleichwohl wir auch sagen müssen, dass wir irgendwann auch an den Exit denken müssen. Wir können jetzt nicht wochenlang so eine Situation aushalten, wie jetzt. Weil dann gerät unsere Staatsordnung an die Grenzen und dann werden wir eine andere Situation in Deutschland haben als eine gesundheitspolitische und das kann keiner wollen.“

Dazu, was er Kritikern sage, die einwenden, dass die Lage verharmlost werde:

„Ich bin da auch ganz ehrlich. Auch ich bin hin und hergerissen. Natürlich müssen wir Politiker optimistisch sein, aber wenn wir zu optimistisch sind, dann sagen die Bürger auch, wovon reden die eigentlich? Natürlich wird es Arbeitsplätze geben, die nicht zu halten sein werden, das ist in jeder Krise so und das wird mir auch keiner abnehmen, wenn ich sage, dass alle Arbeitsplätze erhalten werden. Trotzdem ist es richtig, was Herr Scholz sagt, auch Herr Altmaier, dass wir jahrelang einen Wohlstand aufgebaut haben. Jetzt kommt uns auch zu Gute, dass wir zehn Jahre lang an der schwarzen Null festgehalten haben, dass wir wirklich Spielraum haben. Aber dieser Spielraum ist begrenzt. Der ist nicht unendlich, sondern endlich und deswegen können wir uns so eine Situation wie jetzt vielleicht zwei Wochen leisten, aber keine drei, vier Monate.“

Foto: TVNOW