Carola Muysers lädt Didi Hallervorden zu der Mahnwache in Berlin „Im Namen der Kunst“ ein Video

Promovierte Kunsthistorikerin Dr. Carola Muysers organisiert in Berlin eine Mahnwache „Im Namen der Kunst. Künstler.innen retten Kunst & Kultur“. Jeden Mi 12 – 15:00, Potsdamer Platz.

Carola Muysers lädt Didi Hallervorden zu der Mahnwache in Berlin „Im Namen der Kunst“ ein Video

  • Guten Tag. Ich bin Dr. Carola Muysers, promovierte Kunsthistorikerin und Inhaberin einer Kunst- und Künstleragentur. Ich kuratiere, schreibe, moderiere, berate und mache Marketing. Normalerweise, denn das ist ja momentan alles nicht mehr möglich. Der Lockdown infolge der Corona-Krise hat die Kreativbranche, in der ich tätig bin, komplett auf Eis gelegt.

Das ist der Grund, warum ich im März dem Ruf von Hannah Arendt zum zivilen Ungehorsam gefolgt und nun politisch aktiv bin. Im Sommer habe ich bei der Gründung der „basisdemokratischen Partei Deutschland“ mitgewirkt, bin dort in vielen Gruppen und Fachausschüssen tätig und werde in Zukunft auf Bezirks- und Landesebene kandidieren. Hier möchte ich vor allem die Künstler.innen und Kreativen sowie den Mittelstand vertreten. Sie gehören derzeit mit zu den am ärgsten bedrohten Gesellschaftsgruppen in unserem Land und benötigen besondere Rettungs-, Unterstützungs- und Förderprogramme. Nur mit einem stabilen Mittelstand und einer lebendigen Kunst & Kultur können wir unsere Demokratie retten.

Seit November veranstalte ich jeden Mittwoch 12-15 Uhr die Mahnwache „Im Namen der Kunst. Künstler.innen retten Kunst & Kultur in der Corona-Krise“. Erst vor der Akademie der Künste und nun am Potsdamer Platz. Es gibt Musik, Gesang, Tanz, Lesungen aus Romanen, die unserer Zeit den Spiegel vorhalten, eine mobile Kunstausstellung, Performance, die Corona-Hitparade, stets aktuelle Zahlen und Forderungen zur Verbesserung unserer Lage. Die Mahnwache ist bis zum 31.03. genehmigt worden, und mittlerweile sind wir auch bei der Polizei als feste Institution anerkannt. Wir sind, so möchte ich behaupten, derzeit die einzige offene Bühne in der Stadt.

Gerne fasse ich noch einmal zusammen, weshalb wir jeden Mittwoch am Potsdamer Platz stehen. Es gibt 2,6 Mio Kreative (die Eventbranche zähle ich dazu). Darunter sind 1,3 Mio Kreative, die im Kunsthandwerk, Schauspiel, der bildenden Kunst, Musik, Design, Fotografie, Bühnenbild, in den Geisteswissenschaften, in Moderation, Vermittlung und Technik tätig sind. Der Jahresumsatz beläuft sich auf Milliarden von €. Seit März ist dieser Geldfluss gestoppt. Der Gesamtverlust in der Kulturbranche für 2020 wird auf 28 Mio € geschätzt, verteilt zu 90 % auf die Bühnen, zu 76 % auf die Musik, zu 56 % auf die Kunst und zu 30 % auf das Buchwesen. Die Musikbranche trifft es mit am härtesten, dort spricht man bereits von Berufsverbot, da die Infektionsschutzverordnungen das öffentliche Singen und Musizieren, inkl. Proben verbieten. Zwischenzeitlich haben bereits 29 % der Musiker.innen den Beruf gewechselt, 46,6 % brauchen mehr finanzielle Unterstützung, um zu überleben und nur 22,1 % kommen weiterhin klar.

In der bildenden Kunst verzeichnen zwar 94 % der Künstler.innen Einbußen, aber man hält sich offenbar noch halb über Wasser, Das liegt auch daran, dass die Künstler.innen weiterhin in ihren Ateliers Kunst schaffen können. Es sei denn, sie verlieren ihren Produktionsort, was mit dem steigenden finanziellen Druck absehbar ist.

Leider greift das Modell der Soforthilfe für Selbständige, greifen November- und Dezemberhilfe bei den Kreativen nur bedingt. Sie verfügen oftmals nicht über kalkulierbare Betriebsausgaben und Umsätze. Ausgaben und Einnahmen sind saisonbedingt, hängen von Messen und Ausstellungen ab. Diese unberechenbare Finanzlage braucht ein sensibleres Fördersystem. Mittlerweile denke ich, dass nur noch ein bundesweiter RETTUNGSSCHIRM für alle professionell tätigen Künstler.innen und Kreativen helfen kann. Er bringt weit mehr, als das Hartz 4 für Kreative, das sich als administrative Falle erwiesen hat. Über den RETTUNGSSCHIRM gelangten Ausfall- , Ausstellungs-, Auftritts- und sonstige Honorare zu den gebeutelten Kreativen. Auch ließe sich an ein Künstler-Kurzarbeitergeld denken, mit dem die Kreativen die einkommensschwachen bis -freien Lockdown-Monate überbrücken können. Auf Dauer sind ihnen ein bedingungsloses Grundeinkommen und die Grundrente zu zahlen.

Ich möchte hier abschließend die Frage stellen, ob die Kunst & Kulturbranche überhaupt zu den Hauptverursachern des sogen. Infektionsgeschehens zählt. Denn selbst die Clubs, die bei den Entscheidern ganz oben auf der roten Liste stehen, hätten Hygienekonzepte, die die Ansteckungsgefahr extrem minimierten. Tatsächlich beweisen hochkarätige Forschungsprojekte, wie die Pilotstudie „Probeweiser Betrieb der Bayr. Staatsoper mit erhöhter Zuschauerzahl: Evaluierung des Testbetriebs mit 500 Besuchern 01.09.-25.10.2020“ (Abschlussbericht vom 03.12.2020) und „Aerosol und Co2-Messungen, Studie des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts“, Konzerthaus Dortmund, November 2020, dass von den klassischen Kunst & Kulturorten überhaupt keine Gefahr ausgeht. Sie alle haben hervorragende Hygienekonzepte, die ihre Schließung obsolet machen.

Die Ausblutung der Kunst & Kultur im Land der Dichter & Denker ist in meinen Augen ein Vergehen an uns allen.

Mein großer Wunsch ist es, dass Didi Hallervorden, Nena, Peter Maffay, Konstantin Wecker, Till Brönner, Anne Sophie Mutter und die vielen anderen großen und aufrechten Künstler.innen am Mittwoch zu uns auf den Potsdamer Platz kommen und für alle Menschen singen, spielen und uns Mut zusprechen. Wir brauchen das und außerdem haben wir ein Hygienekonzept, Platz genug und sogar Polizeischutz.

Also, worauf wartet ihr noch? Wir freuen uns auf euch!