Olympiasiegerin und ALBA-Managerin Svenja Brunckhorst im Interview

Unvergessliche Basketball-Wochen in Paris: Die deutschen 3×3-Frauen gewinnen Gold, die 5×5-Männer spielen um Bronze, die 5×5-Frauen erreichen bei der Olympia-Premiere das Viertelfinale – und mittendrin ALBAs neue Managerin für Mädchen- und Frauenbasketball Svenja Brunckhorst. Als Kapitänin des 3×3-Teams holte sie mit der DBB-Auswahl in Paris die historische erste deutsche Basketball-Medaille bei Olympischen Spielen. Über den goldenen Abschluss ihrer Karriere als Spielerin und ihre neuen Aufgaben bei ALBA haben wir uns mit ihr unterhalten.

Svenja, wie schmeckt die Goldmedaille?
Die schmeckt gut! Man kann aber auch gar nicht so wirklich draufbeißen oder sie länger im Mund halten, weil die Medaille so unglaublich schwer ist. Ich war aber auch völlig überfordert, als sie uns umgehängt wurde.

Hast du denn jetzt mit ein paar Tagen Abstand schon gecheckt, was da passiert ist?
Das ist immer noch nicht ganz greifbar. Es gibt immer mal wieder Momente, in denen man es realisiert. Wenn wir am Flughafen angesprochen werden, wenn man morgens aufwacht und sich ein bisschen sammelt. Aber das ist alles sehr surreal. Ich kann es immer noch nicht in Worte fassen. Ich sitze hier einfach und grinse.

Und wenn wir die Tage in Paris sportlich betrachten: Hast du da schon ein paar Erklärungsansätze?
Die Voraussetzungen für uns waren eigentlich überhaupt nicht gut. Wir haben vorher viele Turniere zu dritt gespielt. Ich war verletzt, Sonja Greinacher hat sich die Hand gebrochen, bei Luana Rodefeld ist das Kreuzband gerissen. Da sind viele Sachen schiefgegangen. Aber vom Start der Spiele an haben wir es dann nur noch genossen. Wir waren zusammen mit Aserbaidschan ja die absoluten Underdogs. Das hat uns natürlich auch geholfen, weil wir nicht von Anfang an gewinnen mussten.

Und dann habt ihr zum Start direkt die Olympiasiegerinnen aus den USA geschlagen.
Wir wussten um unsere Stärke, aber es war gut, dass wir nicht diesen Druck von außen hatten. Und der Sieg gegen die USA hat uns dann natürlich einen riesigen Push gegeben. Wir haben uns von Tag zu Tag gesteigert, hatten ein unglaubliches Vertrauen ineinander, haben mit viel Freude und Leichtigkeit gespielt und sind immer locker geblieben, auch wenn es hintenraus eng geworden ist. Aber da haben wir smarte Entscheidungen getroffen und waren einfach clutch.

Eure Goldmedaille, die Männer im Halbfinale, die Frauen im Viertelfinale, die männliche U18 Europameister: Was ist da gerade los im deutschen Basketball?
Der Basketball erlebt hier gerade einfach einen krassen Schub. Seit der Heim-EM und dem Weltmeistertitel der Männer ist Basketball richtig am Kommen. Jetzt haben wir nachgelegt, auch die anderen Teams feiern Erfolge. Da zahlt sich gerade einfach ganz viel harte Arbeit aus den letzten Jahren aus. Jetzt ist der Basketball hier angekommen, wo wir ihn immer haben wollten.

Was braucht es aus deiner Sicht, damit aus dieser Euphorie jetzt auch etwas Nachhaltiges entsteht?
Wir müssen natürlich dafür sorgen, dass das nicht so ein einmaliger Hype bleibt, sondern dass da Kontinuität reinkommt. Und dazu müssen wir weiter an den Strukturen arbeiten. Nicht nur im 3×3, wo alles an sehr wenigen Leuten hängt, die das mit viel Herzblut tragen. Vom DBB wurde ja das Jahrzehnt des Frauenbasketballs ausgerufen. Es ist also wichtig, dass das jetzt auch medial gepusht wird, damit Vorbilder entstehen.

Vorbilder wie du!
Klar, wenn wir hören, dass wir junge Mädchen inspiriert und für Basketball begeistert haben, dann sind das die schönsten Nachrichten. Aber jetzt brauchen wir natürlich auch die Voraussetzungen in den Vereinen mit Trainingszeiten, mit Coaches, mit Hallen, damit die Mädchen und auch Jungs dort spielen können. Die Liga kann hoffentlich auch darauf aufbauen. Und dann kommen bald die Heim-EM und die Heim-WM. Da stehen also viele große Projekte an, die hoffentlich auch finanziell für ein Umdenken im weiblichen Bereich sorgen. Da gibt es jetzt viele Chancen, die müssen wir ergreifen und nutzen.

Dann trifft es sich ja umso besser, dass du nach deinem perfekten Karriereende als Spielerin jetzt bald selbst auf der strukturellen Ebene anfängst: als Managerin für den Mädchen- und Frauenbasketball bei ALBA.
Genau, ich glaube einfach, alles geht von der Basis aus. Wenn wir Nachrichten von basketballbegeisterten Mädchen und Jungs erhalten, dann müssen wir auch dafür sorgen, dass sie spielen können – egal, wo sie herkommen und unter welchen Bedingungen sie aufwachsen. Dazu ist es wichtig, jetzt auch ganz viele Coaches auszubilden, um sie optimal fördern zu können. ALBA hat da einfach ein riesiges Potenzial. Und ich freue mich extrem darauf, mit einem so großen Verein etwas aufzubauen.

Du hast ja in der vergangenen Saison schon bei ALBA reingeschnuppert. Wann geht es nun richtig los bei dir?
Offiziell starte ich im September, vielleicht schaffe ich es aber schon mal zum Trainingsauftakt der Frauen nächste Woche. Das hängt aber noch von meinen olympischen Verpflichtungen ab. Danach muss ich auf jeden Fall noch mal in den Urlaub und ein bisschen abschalten. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ALBA so ein toller Verein ist, der mir die ganze Zeit über den Rücken gestärkt hat und mir die Zeit gibt, in Ruhe anzufangen. Hier gibt es ganz viele interessante Projekte und Aufgaben, die ich angehen werde: zum Beispiel mit Henning Harnisch im Grundschulbasketball und bei SPORT VERNETZT, mit Stephie Süß, die im weiblichen Nachwuchsbereich bei ALBA tolle Arbeit leistet, und natürlich auch im Frauenbereich, mit dem Team und der Liga. Da gibt es auf den unterschiedlichsten Ebenen einige Themen.

Glaubst du, die Goldmedaille macht dir die Arbeit vielleicht auch ein bisschen leichter? Einer Olympiasiegerin hört man in der Sportwelt und auch außerhalb davon ja vermutlich umso lieber zu.
Das wäre wünschenswert. Ich hoffe natürlich, dass ich in politischen Diskussionen dem Frauenbasketball noch mehr Gehör verschaffen kann und das auch medial noch mal einen Push gibt. Als ich das Viertelfinale der Frauen gegen Frankreich angeschaut habe, waren auch einige Leute aus der Politik in der Arena, die sehr interessiert waren und mit denen man jetzt viel einfacher ins Gespräch kommt. Jetzt hat man mich auf dem Schirm. Das kann helfen, das Netzwerk auszubauen. Das ist also schon mal eine schöne Ausgangsposition.