Doku Mensch Schröder ZDF 07 März 2017

Dritter Anlauf nach Schröder: Martin Schulz wurde gerade als Kanzlerkandidat der SPD für die kommende Bundestagswahl benannt. Welches Vermächtnis die Kanzlerschaft von Gerhard Schröder in den Jahren 1998 bis 2005 für die SPD und dieses Land hinterlässt – dieser Frage geht die neue „ZDFzeit“-Doku „Mensch Schröder – Arbeiterkind, Staatsmann, Strippenzieher“ nach. Aber sie fragt auch: Wer ist dieser Mensch, der auch im Wahljahr 2017 noch polarisiert – als Putin-Freund ebenso wie als Vater der Agenda 2010. Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder polarisiert auch im Wahljahr 2017: als Putin-Freund, als Kanzler der Bosse im Maßanzug, als Vater der Agenda 2010. Wer ist dieser Mensch? Was bewegt ihn?

Doku Mensch Schröder ZDF 07 März 2017

In der „ZDFzeit“-Doku spricht der Altkanzler offen über Siege und Niederlagen: die verlorene Wahl 2005, sein schwieriges Verhältnis zur SPD, seine umstrittene Freundschaft mit dem russischen Präsidenten Putin und seine schmerzhafte Trennung von Ehefrau Doris.

Dazu äußern sich Mitstreiter wie Otto Schily, politische Gegner wie Wolfgang Schäuble und seine Noch-Ehefrau Doris Schröder-Köpf. „Er war immer ein starker und unangenehmer Gegner“, sagt Finanzminister Wolfgang Schäuble im Gespräch mit Autor Florian Huber über seinen politischen Widersacher.

Schröders unbedingter Machtwille war schon bekannt, bevor er laut einer Anekdote als SPD-Nachwuchspolitiker eines Nachts am Zaun des Bundeskanzleramts rüttelte. Auch die DDR-Führung erkannte früh Schröders Potenzial: Bereits Ende der 70er Jahre hatte die Stasi auf den künftigen „Führungstyp“ zwei Agenten angesetzt. Vor unserer Kamera liest Gerhard Schröder zum ersten Mal seine Stasi-Akte, die von seinen Trinkgewohnheiten und seinem Liebesleben bis zu seiner Herkunft alles ausleuchten sollte.

In der Tat ist Schröders ärmliche Kindheit ohne Vater irgendwo in Ostwestfalen der Kern einer Aufsteiger-Story, die in Deutschland nahezu einmalig ist. Dabei strickte er selbst mit strategischem Gespür an dieser Heldenlegende vom einfachen Jungen im Kanzleramt mit. In Wahlkämpfen, Parteiveranstaltungen und Talkshows suchte Gerhard Schröder stets die Gelegenheit, sich als einer von ganz unten zu inszenieren. Fußball und Flaschenbier – noch heute läuft Gerhard Schröder an keinem Ball vorbei, ohne einmal dagegenzutreten. Die Medien haben ihn für seine Auftritte mit Frauen, Hunden und Currywurst zunächst hofiert, wie sie ihn später als „Spaßkanzler“ im Brioni-Anzug gnadenlos kritisiert haben. Diese Verletzungen scheinen noch heute auf, wenn Schröders charmanter Ton im Interview unvermittelt schroff und abweisend wird.

Die „ZDFzeit“-Dokumentation „Mensch Schröder!“ versucht auch das Geheimnis zu lüften, was hinter den verschlossenen Türen seiner legendären Skatrunde geschieht. Im Kreis seiner alten Männerfreunde, auf ihren Gebieten nicht weniger mächtig als er selbst, zeigt sich der Mensch Gerhard Schröder unverstellt. Treu und unbeirrt hält er auch zu seinem umstrittensten Freund, dem russischen Autokraten Wladimir Putin, was selbst alte Weggefährten wie Renate Schmidt irritiert. Fragen oder gar Kritik dazu wehrte Schröder bisher kategorisch als Privatsache ab. Seine Aktivitäten nach der Kanzlerschaft und die Abschottung von der Öffentlichkeit schaden Gerhard Schröders Reputation als Altkanzler mehr als das bei jedem seiner Vorgänger der Fall war.

So geht die „ZDFzeit“-Dokumentation auch Fragen von Kritikern nach: Darf Gerhard Schröder das Amt des Altkanzlers einfach so „privatisieren“? Und welches Vermächtnis hinterlässt Gerhard Schröder seiner Partei, der SPD, und seinem Land?

ZDF am Dienstag, 7. März 2017, 20.15 Uhr

Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Foto: ZDF und Sean Gallup