Wladimir Klitschko gegen Tyson Fury 28 11 2015

Am kommenden Samstag steigt IBF- und IBO-Schwergewichtsweltmeister und WBA- und WBO-Superchampion Wladimir Klitschko gegen Tyson Fury, Pflichtherausforderer der Verbände WBA und WBO, in den Ring. RTL überträgt den WM-Kampf live und exklusiv aus der Düsseldorfer ESPRIT arena ab 22.10 Uhr. Anbei Auszüge aus einem RTL-Interview im Rahmen der Vorbereitung, in dem der Champion über allgemeine Aspekte des Boxens spricht und dabei u. a. vor dem Kollaps allzu selbstbewusster Gegner im Ring und die Fallstricke auf der Jagd nach Rekorden warnt.

…über sein Ranking im Boxen
„Wenn ich mich als den Größten aller Zeiten sehe, werde ich meinen nächsten Kampf verlieren. Ich schaue noch immer auf die Jungs wie z. B. Larry Holmes. Was er geschafft hat, was er gemacht hat – er ist immer noch ein Idol, ein Beispiel, eine Ikone im Boxen.“

… über die Bedeutung von Erfahrung:
„Man kann Lebenserfahrung nicht im Geschäft kaufen, man muss sie sich über Jahre erwerben. Wenn man lernfähig und offen ist, kann man den Prozess beschleunigen. Die Erfahrung, die Emanuel Steward etwa gesammelt und die er mit mir geteilt hat, hat meinen Prozess beschleunigt, mich zu verbessern und weiter zu kommen.“

… über Fortschritt und Alter
„Nicht umsonst laufen die Menschen seit dem letzten Jahrhundert immer schneller Marathon, schwimmen schneller und springen weiter. Der Fortschritt im Wissen, bei Technik, Equipment, Ernährung und vielen anderen Dingen zahlt sich aus. Die Menschen leben länger, bleiben länger im Sport. Beim Kampf Muhammad Ali gegen Georg Foreman in Kinshasa haben die Menschen über den 32-jährigen Ali wie über einen alten Mann gesprochen, der gegen einen 25-Jährigen boxt. Was hätten die bloß damals gesagt über einen Kampf zwischen dem 39-jährigen Klitschko gegen den 27-jährigen Fury? Das ist eine komplett andere Welt.“

… über die Jagd nach Rekorden (Klitschko ist jetzt seit über elf Jahren unbesiegt und seit über neun Jahren ununterbrochen Schwergewichts-Weltmeister)
„Das ist ein schlechtes Omen. Jeder, der einen Rekord brechen will, löst einen mentalen Druck in sich aus. Wir haben das zuletzt bei Serena Williams gesehen, die bei den US-Open den Grand-Slam-Rekord von Steffi Graf einstellen wollte und dabei scheiterte. Ich möchte mich nicht auf Rekorde konzentrieren. Ich bewundere Joe Louis, der in den Geschichtsbüchern dasteht als Ikone. Und ich möchte eigentlich gar nicht besser dastehen als der, den ich bewundere.“

… über den Nachteil, ungeschlagen in den Ring zu gehen
„Viele meiner letzten Gegner waren wie Tyson Fury bis dahin ungeschlagen und ich glaube, das ist eher ein Nachteil als Vorteil. Die wissen nicht, wie man in einer extremen Situation mit den Emotionen und der Konzentration umgeht. Dass man nicht den Fokus verlieren darf während des Boxkampfes, sondern die Ruhe bewahren und sich die Zeit nehmen muss, um weiter zu kommen. Jeder hat im Boxen einen Plan, bis man Schläge kassiert und seinen Plan ändern muss, wenn denn überhaupt ein Plan B existiert.

… über das oft böse Ende eines übertriebenen Selbstbewusstseins
„Viele gerade meiner jüngeren Gegner sind im Vorfeld sehr ambitioniert und selbstbewusst, manchmal auch übertrieben selbstbewusst. Aber ich weiß, dass ihr Selbstbewusstsein im Ring in der Regel kollabiert, wenn es zu Problemen kommt. Und es kommt immer zu Problemen, das garantiere ich. Da bin ich wie die Versicherungsfirma, die schon im Vorfeld die Probleme benennt, die dann auch kommen. Die Jungs geraten mental und physisch unter Druck. Manche halten das länger, andere ganz wenig und die Dritten gar nicht aus. Letzteres habe ich trotz all seiner Erfahrung beim Franzosen Jean-Marc Mormeck gesehen, der schon kurz vor dem ersten Gong zusammengebrochen ist. Er hat nicht einen Schlag hinbekommen, weil er so eingefroren war vor dem, was da vor ihm stand.“

… über die Bedeutung seiner drei Niederlagen
„Nach meiner letzten Niederlage am 10. April 2004 gegen Lamon Brewster hätte ich mir nie träumen lassen, dass ich 2015 in der Bild-Zeitung lesen würde, Wladimir Klitschko sei der beste Boxer der Welt. Auch wenn ich die Zeit zurückspulen könnte, würde ich alles so lassen, wie es ist. Jede meiner drei Niederlagen hat mich besser gemacht. Ich habe den Beigeschmack der Niederlage noch nicht verloren. Ich weiß, wie es sich anfühlt, und ich weiß, was passiert, bevor es passiert. Und damit genau das nicht wieder passiert, gebe ich in der Vorbereitung wirklich alles, denn Prophylaxe ist besser als Behandlung. Ich versuche mich da im übertragenen Sinne zu impfen und die schwächeren Seiten abzudecken.“

… über sein Verbesserungspotenzial und sein Karriereende
„Ich bin noch nicht bei 100 Prozent angelangt, vielleicht bei 90 Prozent. Ich versuche immer, an die Spitze meines Leistungsvermögens zu gelangen, aber ich weiß nicht, wo diese Spitze ist. Ich kann mir das selber nicht erklären. Diese letzten Prozentpunkte, die mir noch fehlen, sind die allerschwersten, weil hier die Kleinigkeiten eine so große Rolle spielen. Eines Tages werde ich mit dem Boxen aufhören und wahrscheinlich wäre es besser, wenn ich das kurz vor Erreichen der 100 Prozent tue, als wenn ich es zu spät danach tue.“

Quelle: RTL

Im Rahmen eines RTL-Drehs demonstrierte der 39-jährige Boxer und begeisterte Schachspieler Wladimir Klitschko sehr plastisch, welches Bild er mit Blick auf seinen kommenden Gegner Tyson Fury vor Augen hat: ein Schachbrett, zwei Figuren, ein Spieler. Die eine Figur verkörpert den einstigen Gegner David Haye, der bereits am Boden liegt. Die zweite Figur zeigt den aktuellen Herausforderer Tyson Fury. Der einzige Spieler am Schachbrett: Wladimir Klitschko.
Im Rahmen eines RTL-Drehs demonstrierte der 39-jährige Boxer und begeisterte Schachspieler Wladimir Klitschko sehr plastisch, welches Bild er mit Blick auf seinen kommenden Gegner Tyson Fury vor Augen hat: ein Schachbrett, zwei Figuren, ein Spieler. Die eine Figur verkörpert den einstigen Gegner David Haye, der bereits am Boden liegt. Die zweite Figur zeigt den aktuellen Herausforderer Tyson Fury. Der einzige Spieler am Schachbrett: Wladimir Klitschko.

Foto: RTL