Deutschland Wirtschaft Konjunktur 2019 Kommentar Annegret Kramp-Karrenbauer

Vor dem Hintergrund der sich eintrübenden Konjunktur bringt CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer die Aufweichung der bislang strikten Finanzpolitik der Bundesregierung ins Spiel. Die im Grundgesetz festgeschriebene Regelung einer schwarzen Null sehe „Ausnahmemöglichkeiten vor – etwa für den Fall einer Krise“, sagte Kramp-Karrenbauer im Gespräch mit n-tv. Es gelte zunächst, die vorhandenen Finanzmittel zu investieren. Bislang verteidigte die Bundesregierung das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts und hatte damit unter anderem bei Wirtschaftsverbänden für Kritik gesorgt.

Das vollständige Interview im Wortlaut:

Frau Kramp-Karrenbauer, die deutsche Volkswirtschaft schrumpfte im vergangenen Quartal. Manche Ökonomen reden bereits der Rezession das Wort. Wie viel Sorgen machen sie sich?

AKK: Wir haben in der Tat zurzeit eine Schwächephase bei der wir aufpassen müssen, dass es nicht in eine nachhaltige Krise hineinwächst und da gibt es Faktoren die international eine Rolle spielen, die wir nicht alleine in der Hand haben. Aber es liegt vor allen Dingen an uns, selbst mit mehr Dynamik, mehr Innovation, mehr Investitionen auch sicherzustellen, dass mit Blick auf die Veränderungen etwa in der Digitalisierung oder in anderen Bereichen Deutschland den Anschluss nicht verliert.

Frage: Das klingt nach einem Konjunkturprogramm?

AKK: Es klingt vor allen Dingen danach, dass wir dort, wo wir im Moment Defizite haben, nämlich im Bereich der Geschwindigkeit, dass wir zu lange brauchen bis geplant wird, zu lange brauchen bis entschieden ist, zu viel Bürokratie haben, zu kompliziert sind, dass wir das vor allen Dingen ändern, um das Geld, das vorhanden ist, auch entsprechend umsetzen zu können. Und wenn wir diese Dynamik entwickeln, wenn wir weiter in Innovation in Forschung investieren, zum Beispiel gerade im Zusammenhang mit dem Klimaschutz, dann haben wir alle Chancen, dass wir auch nach Zukunft eine gute wirtschaftliche Entwicklung haben.

Frage: Trotzdem sorgen sich Menschen um ihre Arbeitsplätze. Großkonzerne, wie zum Beispiel die Deutsche Bank und andere bauen massiv Stellen ab. Was sagen Sie denen, die Angst haben um ihre berufliche Zukunft?

AKK: Dass wir diese Angst sehr ernst nehmen. Deswegen ist es durchaus auch wichtig, dass etwa das Arbeitsministerium sich Gedanken darüber macht, wie man etwa Instrumente wie ein Kurzarbeitergeld entsprechend anpassen und nutzen kann. Das hat uns im Übrigen bei der Wirtschafts- und Finanzkrise sehr geholfen. Dass wir diese Chancen haben. Heute sehen wir, dass wir auf der einen Seite ein Fachkräftebedarf haben, auf der anderen Seite große Transformationsprozesse. Wir können niemanden garantieren, dass er diese Transformationsprozesse nicht durchlebt, aber wir können ihm garantieren, dass wir ihm die beste Begleitung geben, die beste Weiterbildung, die beste Unterstützung, dass er diesen Weg bewältigen kann.

Frage: Wir sprechen über Strafzinsen und Null-Zinsen. Was kann die Politik tun, um die Wirtschaft zu stimulieren und gleichzeitig die Menschen zum Sparen zu motivieren?

AKK: Wir müssen vor allen Dingen investieren. Wir haben im Moment auch im Bundeshaushalt durchaus Mittel vorhanden, etwa für Verkehrsinfrastruktur oder anderes. Darin muss investiert werden, damit das Geld auch umgesetzt wird. Wir müssen auch dafür sorgen, dass wir in einer wirklich guten Geldpolitik, die den vernünftigen Ausgleich zwischen Inflation aber auch Erhalt von Vermögen gewährleistet, dass wir dies vorantreiben. Dazu gibt es unabhängige Zentralbanken – das ist auch gut und richtig so. Und dort muss die Politik entsprechend gemacht werden.

Frage: Wenn Sie Ausgaben planen, um die Wirtschaft zu stimulieren, scheitert das möglicherweise an der schwarzen Null. Wann ist irgendwann der Punkt erreicht, wo man auch die schwarze Null zu den Akten legt?

AKK: Zum einen werden in den vergangenen Jahren bewiesen, dass man solide haushalten kann mit einer schwarzen Null und trotzdem auch gute wirtschaftliche Entwicklung haben kann. Wir haben zurzeit vor allen Dingen eine Herausforderung, das vorhandene Geld zu investieren. Darüber hinaus sieht auch die jetzige Regelung zu einer schwarzen Null im Grundgesetz Ausnahmemöglichkeiten vor, etwa für den Fall einer Krise. Deswegen braucht man das Prinzip an sich, nicht gleich zur Seite zu legen.

Diese Zitate sind frei mit dem Hinweis auf n-tv.

Annegret Kramp-Karrenbauer
Foto: TVNOW